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Juncker ist neuer EU-Kommissionschef

Die Abgeordneten des EU-Parlaments haben sich am 15. Juli mehrheitlich für Jean-Claude Juncker als neuen Präsidenten der Kommission entschieden. Bereits im ersten Wahlgang bekam der Luxemburger genug Stimmen.

Brüssel 28.07.2014 — Zum ersten Mal in der Geschichte der EU wurde bei der Nominierung des Kommissionspräsidenten der Ausgang der Europawahl berücksichtigt. Der Vertrag von Lissabon reißt diese Idee zwar an, über die Einzelheiten der Vorschrift wurde im Vorfeld jedoch heftig zwischen Europäischem Parlament und Rat gestritten.

In seiner Antrittsrede vor den EU-Abgeordneten stellte Jean-Claude Juncker die politischen Leitlinien für die nächste EU-Kommission vor. "Ich möchte für eine Union arbeiten, die für Demokratie und Reform steht; die nicht aufdringlich ist und für, statt gegen ihre Bürger arbeitet. Ich möchte für eine Union arbeiten, die Ergebnisse liefert", erklärte der neue Kommissionschef.

Die wichtigsten Punkte seiner Leitlinien sind dabei:
  • Neue Impulse für Arbeitsplätze, Wachstum und Investitionen
Junckers erste Priorität gilt der Schaffung der Wettbewerbsfähigkeit von Europa mit neuen Arbeitsplätzen. Dies könne durch eine gezieltere Einsetzung europäischer Investitionsmittel sowie eines unternehmerfreundlichen rechtlichen Rahmens in der EU erreicht werden.
  • Ein vernetzter digitaler Binnenmarkt
In diesem Bereich strebt Juncker vor allem ehrgeizige rechtliche Schritte an. So sollen die Verhandlungen über gemeinsame europäische Datenschutzvorschriften rasch abgeschlossen, die Telekommunikationsvorschriften reformiert und das Urheberrecht modernisiert werden. Zudem sollten die Verbraucherschutzvorschriften beim Online-Kauf und beim Kauf digitaler Produkte vereinfacht werden.
  • Eine robuste Energieunion mit einer zukunftsorientierten Klimaschutzpolitik
Juncker spricht sich für die Schaffung einer europäischen Energieunion aus. In Sachen Energieeffizienz soll Europa erheblich über das 2020-Ziel (Reduzierung der Treibhausgasemissionen um mindestens 20 Prozent gegenüber 1990 und Energieeffizienzsteigerung in Richtung 20 Prozent anzustreben) hinausgehen.
  • Ein vertiefter und fairerer Binnenmarkt mit gestärkter industrieller Basis
Juncker setzt sich für eine Förderung der Arbeitskräftemobilität ein, betont aber gleichzeitig, dass gleiche Arbeit an dem gleichen Ort auch gleich vergütet werden sollte. Ein anderes Thema ist der Kampf gegen Steuerumgehung und Steuerbetrug. Hier sollte auf eine engere Zusammenarbeit der Steuerbehörden hingearbeitet werden. Ein weiterer Schritt könnte die Einführung einer konsolidierten Körperschaftssteuer-Bemessungsgrundlage und einer Finanztransaktionssteuer sein.

Insgesamt spricht sich Juncker in seinen Leitlinien für eine Europäische Union aus, die sich auf die Bereiche konzentrieren sollte, in denen sie etwas bewegen kann.

Gerade den Ansatz einer stringenten Anwendung des Subsidiaritätsgedankens begrüßt DER MITTELSTANDSVERBUND als ein gesundes Verständnis der zukünftigen Aufgabe der Europäischen Kommission. Mittelständische Unternehmen könnten somit von unnötigen bürokratischen Lasten, die durch europäische Rechtsetzung entstehen, bewahrt werden.

Aus Sicht des Spitzenverbandes des kooperierenden Mittelstandes bleibt Juncker allerdings leider die Antwort schuldig, auf welche Art und Weise er diesen Ansatz verfolgen möchte. DER MITTELSTANDSVERBUND werde dieser Frage daher nachgehen und zum geeigneten Zeitpunkt auf die Einlösung dieses Versprechens bestehen.

DER MITTELSTANDSVERBUND begrüßt auch den Ansatz eines faireren Binnenmarktes. "Nur wird die in Aussicht gestellte engere Zusammenarbeit der Steuerbehörden allein nicht ausreichen, um Steuerumgehungen zu vermeiden", so der Referatsleiter des Europabüros in Brüssel, Tim Geier. "Solange einzelne Mitgliedstaaten nicht davon absehen, Steuerdumping zu betreiben, wird es Wettbewerbsnachteile für Unternehmen, die in anderen Mitgliedstaaten niedergelassen sind, geben", sagt er.

Auch die geplante Änderung des rechtlichen Rahmens für den Internethandel werde der Spitzenverband vor dem Hintergrund zukünftiger Multichannel-Projekte der Verbundgruppen im Auge behalten.

Wer Juncker zukünftig als Kommissar unterstützen wird, steht noch nicht abschließend fest. Einige Mitgliedstaaten haben bereits ihre Kandidaten für das "Team Juncker" benannt: Deutschland schickt den bisherigen Energiekommissar, Günther Oettinger ins Rennen und verhandelt derzeit über den Posten des Handelskommissars.

Zudem möchte Juncker ein eigenes Ressort für Finanzmärkte, Grundrechte und Migration schaffen. Bei der Besetzung der Kommission soll nach der Auffassung von Juncker auf ein ausgeglichenes Verhältnis von Männern und Frauen geachtet werden.

Auf einem Sondergipfel der Staats- und Regierungschefs am 30. August soll dann eine hohe Außenvertreterin der EU nominiert werden. Die Mitgliedstaaten sind sich einig, dass diese Sozialdemokratin sein muss. Erst danach wird Juncker Anfang September seine Ressortverteilung und Ressortzuschnitte bekannt geben. Die EU-Kommission muss dann insgesamt vom EU-Parlament angenommen werden. Auch das könnte im September passieren.


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