Bundesregierung veröffentlicht Referentenentwurf zum Jahressteuergesetz 2024: Neuregelung der Umsatzbesteuerung von Bildungsleistungen

Nachdem mit dem Wachstumschancengesetz im April bereits ein wichtiges steuerpolitisches Vorhaben beschlossen werden konnte, hat das Bundesfinanzministerium nun den Referentenentwurf für ein Jahressteuergesetz 2024 vorgelegt. Wie üblich bündelt das Jahressteuergesetz viele technische Anpassungen im Steuerrecht. Dabei wird jedoch auch eine Neuregelung der Umsatzbesteuerung von Bildungsleistungen angestrebt. Hier könnte es zwar zu Vereinfachungen, gleichzeitig aber zu neuen Abgrenzungsproblemen kommen. DER MITTELSTANDSVERBUND greift die drohenden Probleme für Bildungsträger, Unternehmen und Beschäftigte in seiner Stellungnahme neben anderen wichtigen Aspekten kritisch auf.

Berlin, 27.05.2024 – Am 17. Mai hat das Bundesministerium der Finanzen (BMF) einen Referentenentwurf für das sogenannte Jahressteuergesetz 2024 (JStG 2024) veröffentlicht. Wie üblich soll auch das JStG 2024 vorwiegend zahlreiche eher technische Änderungen in unterschiedlichen Bereichen des Steuerrechts umsetzen, die sich auch durch EU-Gesetzgebung und aktuelle Rechtsprechung ergeben. Dennoch enthält der vorliegende Referentenentwurf eine Reihe von Maßnahmen, bei denen es sich um echte Neuregelungen handelt und die nicht zuletzt für Unternehmen im kooperierenden Mittelstand relevant sind. DER MITTELSTANDSVERBUND hat sich daher im Rahmen einer Stellungnahme zum Gesetzentwurf gegenüber dem BMF geäußert. Sehr ärgerlich ist dabei, dass das BMF trotz des enormen Umfangs des Entwurfs eine Frist von lediglich vier Arbeitstagen zur Rückmeldung eingeräumt hat und somit den eigenen Ansprüchen an eine angemessene Verbändebeteiligung zum wiederholten Mal nicht gerecht wird.

Zu den wichtigsten im Referentenentwurf enthaltenen Maßnahmen gehören:

  • Umsatzsteuerbefreiung für Bildungsleistungen (§ 4 Nummer 21 UStG): Die geltende Umsatzsteuerbefreiung für Angebote von allgemein- oder berufsbildenden Einrichtungen außerhalb des öffentlichen Rechts soll zukünftig keine entsprechende Bescheinigung mehr voraussetzen. Stattdessen soll als entscheidendes Kriterium eingeführt werden, dass keine „systematische Gewinnerzielung“ angestrebt wird und etwaige Gewinne zur Erhaltung oder Verbesserung der angebotenen Leistungen verwendet werden.
  • Pauschalbesteuerung von sogenannten „Mobilitätsbudgets“ (§ 40 EStG): Über bestehende Steuerbegünstigungen von Dienstwagen und Dienstfahrrädern oder die Steuerfreiheit für Arbeitgeberzuschüsse zum ÖPNV hinaus sollen künftig auch Zuschüsse u.a. für die Nutzung von Carsharing oder E-Scootern im Rahmen einer Pauschalbesteuerung in Höhe von 25 % bis zu einem Betrag von 2.400 Euro pro Jahr begünstigt werden.
  • Abschaffung der Umsatzsteuerlagerregelung (§ 4 Nummer 4a UStG): Die bisherige sogenannte „Umsatzsteuerlagerregelung“ soll mit Blick auf die vermeintlich geringe Bedeutung für die Wirtschaft und den in den Augen der Finanzverwaltung zu hohen Verwaltungsaufwand abgeschafft werden. Bisher unterfallen eine Reihe von Waren und Gütern erst dann der Umsatzsteuer, sobald sie ein vom Unternehmen eingerichtetes Umsatzsteuerlager verlassen.
  • Umsetzung von BVerfG-Entscheidungen zum Übergang vom Anrechnungsverfahren zum Halbeinkünfteverfahren (§§ 34 und 36 KStG)
  • Gesetzliche Verstetigung der 150-Euro-Vereinfachungsregelung für Bonusleistungen für gesundheitsbewusstes Verhalten (§ 10 EStG)
  • Verlängerung der Abwicklungsfrist für Investmentfonds von fünf auf zehn Jahre
  • Konzernklausel bei der aufgeschobenen Besteuerung der geldwerten Vorteile aus Vermögensbeteiligungen (§ 19a EStG)
  • Zulassung der unmittelbaren Weitergabe steuerlicher Daten von den Bewilligungsbehörden an Ermittlungsbehörden (§ 31a AO)
  • Verlängerung der Tarifermäßigung für Einkünfte aus Land- und Forstwirtschaft nach
  • 32c EStG
  • Durchschnittssatz für Land- und Forstwirte (§ 24 Absatz 5 Satz 4 UStG)
  • Änderungen bei der Biersteuer (§ 29 Absatz 2 BierStG, §§ 41, 51 BierStV)

DER MITTELSTANDSVERBUND hat sich in seiner Stellungnahme auf die wesentlichen Aspekte des Referentenentwurfs konzentriert, die besonders für die Unternehmen im kooperierenden Mittelstand relevant sein können. Allen voran die im vorliegenden Entwurf vorgenommene Neufassung der Kriterien für die Umsatzsteuerbefreiung von Bildungsleistungen ist dabei wenig gelungen: Zwar ist es grundsätzlich begrüßenswert, dass zukünftig nicht mehr eine entsprechende Bescheinigung des jeweiligen Bildungsträgers für die Umsatzsteuerbefreiung erforderlich sein soll. Das neue Erfordernis, dass keine systematische Gewinnererzielungsabsicht bestehen darf, ist aber aus Perspektive des MITTELSTANDSVERBUNDES problematisch und könnte für zahlreiche privatwirtschaftliche Bildungsträger – und auch die Akademien des genossenschaftlichen Bereichs – große Nachteile mit sich bringen. Eine Gewinnerzielung kann und sollte hier nicht ausgeschlossen werden – zumal der Nachweis, dass etwaige Gewinne in die Erhaltung und Verbesserung der Angebote fließen, im Zweifelsfall schwierig zu erbringen ist. Somit drohen Abgrenzungsschwierigkeiten, die für Verunsicherung bei den Trägern, den Unternehmen und den Beschäftigten hinsichtlich der Umsatzsteuerpflicht führen dürften. Bei deren Vorliegen würden Bildungsangebote wie z.B. berufliche Fortbildungen und Seminare für die Beschäftigten teurer und könnten ihre Attraktivität gefährden. Daher sollte die Neuregelung zunächst zurückgestellt werden.

Das im Entwurf vorgeschlagene Mobilitätsbudget, das Arbeitgeberzuschüsse zu neuen Formen der Mobilität begünstigen soll, ist zwar im Grundsatz zeitgemäß. Dennoch fällt es gerade vor dem Hintergrund großzügig aus, dass entsprechende Angebote wie Carsharing und E-Scooter in aller Regel nur Beschäftigten in urbanen Räumen zur Verfügung stehen. In Kombination mit den bestehenden Arbeitgeberzuschüssen für die Nutzung des ÖPNV könnte es daher zu einer steuerlichen Ungleichbehandlung gegenüber Beschäftigten in ländlichen Räumen kommen, denen strukturell deutlich weniger Mobilitätsangebote zur Verfügung stehen. Hier muss daher auf eine ausgewogene Regelung geachtet werden, um die Attraktivität der Arbeit in ländlichen Regionen im Verhältnis zu Ballungsräumen nicht zusätzlich zu schwächen. Der vollständige Wegfall der Umsatzsteuerlagerregelung hingegen erscheint zum jetzigen Zeitpunkt nicht hinreichend begründet. Bei einer geringen Nutzung durch die Unternehmen wäre als Alternative zur Abschaffung auch die Ausweitung der steuerlagerfähigen Güter denkbar und könnte die Regelung attraktiver machen.

DER MITTELSTANDSVERBUND wird das weitere Gesetzgebungsverfahren zum JStG 2024 aufmerksam begleiten und zu gegebener Zeit wieder darüber informieren. Ein Regierungsentwurf könnte angesichts der Eile, die das BMF in der Verbändebeteiligung an den Tag gelegt hat, vermutlich noch im Juni 2024 beschlossen werden.

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