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Die Grundrente auf der Zielgeraden

Das Bundeskabinett hat nach monatelangem Streit die Grundrente beschlossen. DER MITTELSTANDSVERBUND informiert über die Kernpunkte.

Berlin, 24.02.2020 – Nachdem bereits vor einem Jahr der Vorschlag des Bundesministerium für Arbeit und Soziales (BMAS) für das rentenpolitische Prestigeprojekt dieser Wahlperiode vorgestellt wurde – DER MITTELSTANDSVERBUND berichtete– und die Koalition sich im November auf gemeinsame Eckpunkte hierzu geeinigt hatte, ist nun der erste große Schritt in der Gesetzgebung vollzogen. Ein Regierungsentwurf liegt vor, das parlamentarische Verfahren kann beginnen. In Kraft treten soll die Grundrente dann zum 1. Januar 2021. 

Das Bundeskabinett hat die Grundrente beschlossen. Die Kernpunkte des Kabinettsentwurfs lauten wie folgt:

  • Einführung einer Grundrente für langjährige Versicherung

Die Grundrente erhalten sowohl Rentnerinnen und Rentner, deren Rente ab 2021 beginnt (Rentenzugang) als auch Rentnerinnen und Rentner, deren Rente bereits vor 2021 begonnen hat (Rentenbestand).

Rentnerinnen und Rentner, die 35 Beitragsjahre geleistet haben und deren Beitragsleistung unter 80 Prozent, aber über 30 Prozent des Durchschnittseinkommens liegt (=Durchschnittswert an Entgeltpunkten zwischen 0,3 und 0,8), erhalten in Zukunft mit der Grundrente einen Zuschlag. Dazu wird die Rente für höchstens 35 Jahre hochgewertet. Anschließend wird der Zuschlag um 12,5 Prozent reduziert. Die 35 Jahre Grundrentenzeiten setzen sich zusammen aus Pflichtbeitragszeiten für versicherte Beschäftigung und Tätigkeit, Pflichtbeitragszeiten aufgrund von Kindererziehung, Pflege und aufgrund der Antragspflichtversicherung für Selbstständige, rentenrechtliche Zeiten wegen des Bezugs von Leistungen bei Krankheit und Rehabilitation, Berücksichtigungszeiten wegen Kindererziehung und Pflege sowie Ersatzzeiten. Nicht einbezogen werden Zeiten, die einen kalendermonatlichen Wert von 0,025 Entgeltpunkten unterschreiten – das trifft insbesondere Minijobs. 

  • Einkommensprüfung statt strenger Bedürftigkeitsprüfung 

Eine strenge Bedürftigkeitsprüfung wie in den Fürsorgesystemen ist für den Anspruch auf eine Grundrente als eine Leistung der gesetzlichen Rentenversicherung nicht vorgesehen.

Stattdessen findet eine umfassende Einkommensprüfung statt. Dabei gilt ein Einkommensfreibetrag in Höhe von 1250 Euro für Alleinstehende und 1950 Euro für Paare, unabhängig von der Veranlagungswahl. Es wird das zu versteuernde Einkommen unter Hinzurechnung des steuerfrei gestellten Anteils der Rente und aller Kapitalerträge zugrunde gelegt.

Der Einkommensabgleich soll automatisiert erfolgen durch einen Datenaustausch zwischen der Rentenversicherung und den Finanzbehörden. Das Verfahren zum elektronischen Abgleich muss daher rechtzeitig zum Inkrafttreten des Gesetzes am 1. Januar 2021 zur Verfügung stehen.

  • Einführung eines Freibetrags im Wohngeldgesetz

Flankierend zur Grundrente wird ein Freibetrag beim Wohngeld eingeführt, damit die Verbesserung in der Rente nicht durch eine Kürzung des Wohngeldes aufgehoben wird. 

  • Erhöhung des steuerlichen Förderbetrags zur betrieblichen Altersversorgung

Als Anreiz für den Aufbau einer zusätzlichen arbeitgeberfinanzierten betrieblichen Alters- versorgung bei Geringverdienern mit einem monatlichen Bruttoarbeitslohn bis zu 2 200 Euro wird der Förderbetrag zur betrieblichen Altersversorgung von derzeit maximal 144 Euro auf maximal 288 Euro angehoben.

  • Finanzierung

Die Grundrente wird durch eine Erhöhung des Bundeszuschusses um 1,4 Milliarden Euro finanziert, damit es nicht zu einer Belastung der Beitragszahlerinnen und Beitragszahler in der Rentenversicherung kommt.

Fazit: Systematik kritikwürdig, Rentenkommission scheint zu scheitern

Mit dem Kabinettsbeschluss konnte die SPD ihr Prestigeprojekt aufs Gleis setzen und neue Rentenansprüche schaffen, denen keine Beitragsleistungen gegenüberstehen. Zugleich ist auch die Systematik kritikwürdig: Die Grundrente ist ungerecht, da gleich hohe Beiträge nicht mehr auch zu gleich hohen Rentenleistungen führen. Außerdem können mangels echter Bedürftigkeitsprüfung – die noch im Koalitionsvertrag vereinbart war – auch Personen profitieren, die gerade nicht bedürftig sind.

Unklar bleibt, wie die zuständigen Verwaltungsstellen, d.h. Rentenversicherung und Finanzbehörden, den Datenabgleich zeitgerecht sicherstellen können.

Leider scheint die Koalition zugleich den Blick auf die Zukunft des Rentensystems verloren zu haben: Die Rentenkommission, die bis zum 10. März 2020 Vorschläge für die mittelfristige Gestaltung der Rente vorlegen soll, scheint zu scheitern und kein Ergebnis liefern zu können. So wird es wahrscheinlich bei einem Stückwerk, das lediglich Leistungen erweitert, bleiben. Damit kann das Ziel, die Sozialversicherungsbeiträge dauerhaft auf 40 Prozent zu begrenzen, wohl nicht erreicht werden.

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Judith Röder | Geschäftsführerin | DER MITTELSTANDSVERBUND
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