Von der Leyen erneut als Kommissionspräsidentin bestätigt: EU-Kommission muss neuen Fokus auf Wettbewerbsfähigkeit legen

Mit einer komfortablen Mehrheit wurde Ursula von der Leyen erneut als Kommissionspräsidentin durch das Europäische Parlament bestätigt. Ihre Rede vor den Abgeordneten deutet darauf hin, dass die zweite Amtszeit einen thematischen Schwerpunkt auf die Themen Wettbewerbsfähigkeit, grüne Investitionen und Bürokratieabbau legen wird. DER MITTELSTANDSVERBUND gratuliert zur Wiederwahl und begrüßt ausdrücklich die neue Ausrichtung der Kommission – nun ist es an der Zeit, die Versprechen auch in die Tat umzusetzen.

Brüssel, 18.07.2024 – Das Europäische Parlament setzt auf Kontinuität: Nachdem am Dienstag die maltesische Konservative Roberta Metsola mit überwältigender Mehrheit für eine zweite Amtszeit als Parlamentspräsidentin bestätigt wurde, kann sich nun auch Ursula von der Leyen über ihre Wiederwahl als Kommissionschefin freuen. Mit 401 zu 284 Stimmen (bei 15 Enthaltungen) erlangte die geborene Brüsselerin die notwendige absolute Mehrheit, nachdem neben Abgeordneten der sogenannten „Plattform“, einer informellen Koalition aus Konservativen, Liberalen und Sozialdemokraten wohl auch Teile der Grünen und der Meloni-Fraktion EKR für von der Leyen gestimmt haben.

Von der Leyen: Zukunft in die eigene Hand nehmen

Unmittelbar vor der Wahl blickte von der Leyen in ihrer Rede an die Abgeordneten auf eine bewegte vergangene Amtszeit zurück. Europa stehe jetzt laut von der Leyen an einem Scheideweg. Daher sei es an der Zeit, jetzt die Zukunft in die Hand zu nehmen und kollektiv “einen Gang hochzuschalten”. In der Wahlrede zur Kommissionspräsidentschaft die richtigen Töne zu treffen, gestaltet sich regelmäßig als ebenso wichtiges wie schwieriges Unterfangen: Da in der geheimen Wahl einige Abweichler insbesondere aus den Reihen der Sozialdemokraten zu erwarten waren, musste von der Leyen auch abseits der „Plattform“ inhaltlich überzeugen. Mit folgenden wirtschaftlichen Prioritäten als zentrale Wahlversprechen warb von der Leyen für das Vertrauen der Abgeordneten:

  • Die Förderung der Wettbewerbsfähigkeit Europas, insbesondere durch den Abbau von Bürokratie. Jeder Kommissar erhält zusätzlich den Auftrag, im eigenen Tätigkeitsbereich nach Möglichkeiten des Belastungsabbaus suchen und jährlich Fortschritte diesbezüglich dem Parlament zu berichten.
  • Einführung von verstärkten KMU-Tests im Rahmen der “Better Regulation”, um sicherzustellen, dass zukünftige Gesetzgebung den Anforderungen kleiner und mittlerer Unternehmen entspricht.
  • Der Ausbau des Green Deals, der nun in der kommenden Amtszeit Klimaschutz mit Wohlstand vereinbaren soll. Gelingen soll dies durch ein grünes Industriepaket, welches Investitionen in Infrastruktur und Industrie fördern soll und damit die lange ersehnte europäische Antwort auf den amerikanischen Inflation Reduction Act darstellt.
  • Die Vollendung der Kapitalmarktunion durch die Einführung einer Spar- und Investitionsunion, welche öffentliche und private Finanzmittel in Unternehmen leiten soll. Dies war bereits eine zentrale Forderung des Letta-Berichts.
  • Die Einführung eines europäischen Wettbewerbsfonds, der grenzüberschreitende Investitionsprojekte in Europa ermöglichen und finanzieren soll. Als Vorbild hierfür könnte der Europäische Verteidigungsfonds (EVF) im Bereich der Gemeinsamen Verteidigung dienen.
  • Die Stärkung der Position der Landwirte in der Lebensmittelwertschöpfungskette.

Zudem warb von der Leyen mit einem dezidierten Ausbau gemeinsamer Beschaffung im Verteidigungsbereich und einem konsequenteren Schutz europäischer Außengrenzen durch die Förderung Partnerschaftsabkommen mit Drittländern sowie einem Ausbau der Grenzbehörde Frontex. Zudem sollen zwei Kommissare den Stab um von der Leyen erweitern, wobei ein Kommissar für die südliche Regionen und den Mittelmeerraum im Rahmen der Migrationspolitik sowie ein weiterer Kommissar für das Thema Wohnraum zuständig sein soll. Nicht zuletzt forderte von der Leyen eine Veränderung der europäischen Verträge, um die Union auch bei einer fortschreitenden Erweiterungspolitik handlungsfähig zu gestalten.

Kontinuität nicht als Rückkehr zu bewährten Verhaltensweisen

DER MITTELSTANDSVERBUND gratuliert Frau von der Leyen herzlich zu ihrer Wiederwahl als Kommissionspräsidentin. Diese zeigt, dass auch das neu gewählte Parlament trotz größerer politischer Vielfalt zu Kompromissen bereit ist, die Kontinuität ermöglichen. Diese darf aber nicht als „Rückkehr zu bewährten Verhaltensweisen und eingefahrenen politischen Logiken“ missverstanden werden, stellt Dr. Henning Bergmann, Hauptgeschäftsführer DER MITTELSTANDSVERBUND, in seinem heute übermittelten Gratulationsschreiben an von der Leyen klar. Um es in von der Leyens heutigen Worten zu formulieren: “Stillstand bedeutet Rückschritt.”

MITTELSTANDSVERBUND Hauptgeschäftsführer Dr. Henning BergmannMit Blick auf die derzeitige wirtschaftliche Lage Europas sowie den größer werdenden Konkurrenzdruck von außen sei nun ein klarer „Fokus auf die Stärkung der Wettbewerbsfähigkeit Europas“ zu erwarten. Hierzu gehöre insbesondere eine Anpassung des Green Deals: Die Zielrichtung einer nachhaltigen Wirtschaft und Gesellschaft gestalten sich als zwar „entscheidend für die Zukunft Europas“ - der Erfolg der Maßnahmen hänge allerdings auch entscheidend von der Fähigkeit der Unternehmen ab, diese umzusetzen. Nachhaltigkeits-Zielsetzungen und bestehende Berichtspflichten müssen daher auf ein realistisches Maß reduziert werden – alternativ wären „die Akzeptanz und der Erfolg, den die europäischen Gesetzgeber in den letzten fünf Jahren auf den Weg gebracht haben“ massiv gefährdet, so Dr. Bergmann.

Die wirtschaftspolitische Schwerpunktsetzung der neuen Kommission sei daher zu begrüßen. Insofern zeigt sich Dr. Bergmann angesichts der politischen Lage zuversichtlich, dass die Wahl von der Leyens ein wichtiger Schritt ist, um den Wirtschaftsstandort Europa in der nächsten Amtszeit zu konsolidieren. An die neue Kommissionspräsidentin richtet er abschließend folgende mahnende Worte: „Wir haben es in der Hand, Europa im Sinne der vor fast 25 Jahren verabschiedeten Lissabon-Strategie tatsächlich zum wettbewerbsfähigsten und nachhaltigsten wissensbasierten Wirtschaftsraum werden zu lassen.“ Der neue Kurs lässt in diesem Lichte Hoffnung aufkeimen – nun ist es an der Zeit, die getätigten Versprechen schnell und effektiv umzusetzen.

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