EU-Rat: Allgemeine Ausrichtung zur Richtlinie Kartellschadensersatz
Der EU-Rat hat am 2. Dezember seine allgemeine Ausrichtung zum Richtlinienvorschlag über Schadensersatzklagen bei Wettbewerbsverstößen beschlossen. Damit ist der Weg frei für die informellen Verhandlungen mit EU-Parlament und EU-Kommission.
Brüssel, 02.12.2013 — Mit dem im Juni diesen Jahres von der EU-Kommission vorgelegten Richtlinienvorschlag über Schadensersatzklagen bei Wettbewerbsverstößen sollen Bürger und Unternehmen Schadensersatz verlangen können, wenn sie Opfer eines Kartells oder des Missbrauchs einer marktbeherrschenden Stellung geworden sind. In der jetzt beschlossenen sogenannten "allgemeinen Ausrichtung" spricht sich der EU-Rat für den Grundsatz aus, dass die Mitgliedstaaten einen geeigneten rechtlichen Rahmen für die Durchsetzung von Schadensersatzansprüchen bei wettbewerbsrechtlichen Verstößen schaffen.
Wie auch im Kommissionsentwurf vorgesehen, sollen Beweismittel, die sich in der Sphäre des Beklagten befinden, durch gerichtliche Anordnung offengelegt werden. Der Kläger soll in seinem entsprechenden Antrag bei Gericht die Plausibilität seines Schadensersatzanspruches darlegen. Die Mitgliedstaaten sollen sicherstellen, dass die Vertraulichkeit der Unterlagen in einer angemessenen Art und Weise Berücksichtigung bei der Entscheidung des Gerichts finden. Das Berufsgeheimnis für Angehörige der Rechtsberufe soll in jedem Fall Vorrang vor dem Offenlegungsanspruch haben. Kronzeugenerklärungen und Vergleichsausführungen sollen vor einer Offenlegung geschützt sein.
Wurde eine Zuwiderhandlung gegen das Wettbewerbsrecht bestandskräftig durch eine nationale Wettbewerbsbehörde festgestellt, sollen die mit dem Schadensersatz befassten Gerichte an diese Entscheidung gebunden sein.
Ein besonders streitiger Punkt in den Verhandlungen war die Frage der gesamtschuldnerischen Haftung nach Art. 11 des Vorschlags. Grundsätzlich sollen Unternehmen, die gemeinsam gegen Wettbewerbsrecht verstoßen haben, gesamtschuldnerisch gegenüber dem Geschädigten haften. Sowohl nach dem Kommissionsentwurf als auch nach der allgemeinen Ausrichtung des Rates sollen Kornzeugen im Außenverhältnis gegenüber dem Geschädigten nur nachrangig haften müssen. Eine Inanspruchnahme des Kronzeugen soll danach nur möglich sein, wenn von den anderen Unternehmen, die an derselben Zuwiderhandlung gegen das Wettbewerbsrecht beteiligt waren, kein vollständiger Schadensersatz erwirkt werden kann. Deutschland hatte sich in den Verhandlungen gegen eine solche Privilegierung ausgesprochen und enthielt sich aus diesem Grund bei der Abstimmung über die allgemeine Ausrichtung.
Die Mitgliedstaaten sollen darüber hinaus gewährleisten, dass die für die Ermittlung des Schadensumfangs getroffene Regelung in Bezug auf Beweislast und Beweisanforderung die Ausübung des Rechts auf Schadensersatz nicht praktisch unmöglich macht oder übermäßig erschwert. Der Kommissionsentwurf, nach dem ein Schaden bei Zuwiderhandlungen von Kartellen vermutet werden sollte, wurde damit wesentlich entschärft. Der Schadensumfang soll lediglich geschätzt werden können.
An der sogenannten "passing over" Problematik, d.h. an der Regelung im Kommissionsvorschlag, nach der ein Beklagter bei der Höhe des Schadens einwenden kann, der Kläger habe den aus der Zuwiderhandlung resultierenden Schaden bereits durch Preisaufschläge weitergegeben, hat der Rat in seiner allgemeinen Ausrichtung festgehalten. Auch dies war ein Grund, warum die Vertretung der Bundesregierung von einem Votum zum Richtlinienvorschlag abgesehen hat.
Wettbewerbskommissar Almunia konnte auch den Rat nicht überzeugen, Regelungen zur kollektiven Geltendmachung von Schadensersatzansprüchen in den Richtlinienvorschlag einzubringen.
Auch wenn der Vorschlag mit Blick auf die auslaufende Legislaturperiode des EU-Parlaments und der Kommission erst spät präsentiert wurde, rechnen die Beteiligten aufgrund der politischen Brisanz des Themas mit dem Abschluss des Gesetzgebungsverfahrens noch im Februar 2014.
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