EuGH: CE-Kennzeichnung für Bauprodukte reicht aus

Der EuGH hat entschieden, dass Bauprodukte, wenn sie bereits über ein CE-Zeichen verfügen und in anderen Mitgliedstaaten vermarktet werden, keine zusätzlichen nationalen Genehmigungen haben müssen. DER MITTELSTANDSVERBUND begrüßt das Urteil.

Brüssel, 24.10.2014 — Der EuGH hat in einem seiner jüngsten Urteile in Teilen das Verhältnis von CE-Kennzeichnung und zusätzlichen nationalen Erfordernissen geklärt. Danach verstößt die deutsche Praxis, dass Bauprodukte aufgrund sogenannter Bauregellisten zusätzliche nationale Genehmigungen haben müssen, auch wenn sie bereits über ein CE-Zeichen verfügen und in anderen Mitgliedstaaten rechtmäßig vermarktet werden, gegen die europäischen Regeln des freienWarenverkehrs.

Die EU-Kommission hatte im Vorfeld eine Vielzahl von Beschwerden darüber erhalten, dass die deutschen Behörden für bestimmte Bauprodukte, die gemäß der damals noch geltenden (und 2011 durch die Bauprodukte-Verordnung ersetzte) Bauprodukte-Richtlinie die CE-Kennzeichnung trugen, die zusätzliche Kennzeichnung mit dem deutschen Ü-Kennzeichen oder eine besondere deutsche Zulassung ("allgemeine bauaufsichtliche Zulassung") verlangten. Als Folge müssen einige Produkte neben der bestehenden europäischen CE-Kennzeichnung auch eine sogenannte Ü-Kennzeichnung haben, um in Deutschland verkehrsfähig zu sein. Damit - so die Beschwerde - würden bestimmte Produkte, die nur mit der CE-Kennzeichnung versehen seien, von einer Verwendung ohne weitere Formalitäten in Deutschland ausgeschlossen. Die danach von der Kommission an Deutschland gerichteten Mahnschreiben blieben erfolglos, sodass die Sache vor den EuGH gebracht wurde.

Der EuGH weist in seinem Urteil zunächst darauf hin, dass der Hauptzweck der Bauprodukte-Richtlinie darin besteht, Handelshemmnisse zu beseitigen, indem die Voraussetzungen dafür geschaffen werden, dass Bauprodukte innerhalb der Union frei vermarktet werden können. Zu diesem Zweck werden in der Richtlinie die wesentlichen Anforderungen genannt, denen die Bauprodukte genügen müssen und die mit harmonisierten Normen und nationalen Umsetzungsnormen, mit europäischen technischen Zulassungen und mit auf Unionsebene anerkannten nationalen technischen Spezifikationen umgesetzt werden

Von der Brauchbarkeit eines Produkts ist auszugehen, wenn es mit einer harmonisierten Norm übereinstimmt und deshalb die CE-Kennzeichnung trägt, wobei ein solches Produkt im gesamten Gebiet der Union frei verkehren und für den vorgesehenen Zweck frei verwendet werden kann.

Nach der Bauprodukte-Richtlinie dürfen die Mitgliedstaaten darüber hinaus auch den freien Verkehr, das Inverkehrbringen und die Verwendung von Produkten, die dieser Richtlinie entsprechen, auf ihrem Gebiet nicht behindern. Dies hat Deutschland im vorliegenden Fall jedoch getan, indem es zusätzliche Anforderungen an Bauprodukte gestellt hat.

Die Dienststellen der Kommission werden nun eng mit den deutschen Behörden zusammenarbeiten, um das Urteil umzusetzen.

Das jetzige Urteil bezieht sich auf Bauprodukte, die durch bestimmte harmonisierte europäische Normen abgedeckt sind (insbesondere Türen, Tore und Wärmedämmprodukte). Da die Kommission jedoch eine weitere große Anzahl von ähnlichen Beschwerden in Bezug auf die deutsche Behandlung von Produkten erhalten hat, die anderen harmonisierten Normen unterliegen, wirkt sich das Urteil des Gerichts auf das gesamte deutsche System der Bauregellisten aus.

DER MITTELSTANDSVERBUND begrüßt das Urteil des EuGH. "Im Fall der Verkehrsfähigkeit von Waren macht ein einheitlich europäisches Verfahren absolut Sinn", sagt der Europaexperte des Verbandes Tim Geier. Mit dem In-Kraft treten der neuen Bauprodukte-Verordnung 2013 erhoffte sich DER MITTELSTANDSVERBUND bereits eine Abkehr von nationalen Ausbrechern. "Mit ihrem stringenten Vorgehen hat die EU-Kommission einmal mehr bewiesen, dass sie als Hüterin der Verträge für einheitliche Regeln in ganz Europa einsteht", so Geier.

Ein kleiner Wermutstropfen bleibt allerdings: Nach der Bauprodukte-Verordnung können die Mitgliedstaaten gegen harmonisierte Normen, die ihrer Auffassung nach den Europäischen Vorschriften nicht gerecht werden, vorgehen. Ob Deutschland im Fall seines – im Verfahren vehement verteidigten – zusätzlichen Prüfverfahrens von dieser Möglichkeit Gebrauch machen wird, bleibt abzuwarten.


Weitere Informationen:

Seite drucken

Zurück zur Übersicht