EuGH: Deutschland darf Zuwanderern Sozialhilfe verwehren

Der Europäische Gerichtshof hat am 12. November über den Anspruch von Zuwanderern auf deutsche Hartz IV-Leistungen entschieden. Demnach haben Einwanderer, die nur wegen der Sozialhilfe nach Deutschland eingereist sind, kein Recht auf Sozialleistungen.

Brüssel, 12.11.2014 — Die Wahl der neuen Europaabgeordneten sowie der neuen Kommission war auch bestimmt von Grundsatzfragen: Wie weit soll die Solidarität zwischen den Mitgliedstaaten gehen? Was ist die Lösung zur Anregung der immer noch stockenden gesamteuropäischen Wirtschaft? Gilt die Freizügigkeit der Unionsbürger grenzenlos? Gerade in Großbritannien - getrieben von den generalisierenden Stimmen der EU-skeptischen UKIP-Partei - zeichnen sich seit einiger Zeit Tendenzen ab, die Zuwanderung von Unionsbürgern grundsätzlich zu beschränken. In Deutschland geht man nicht so weit. Dennoch stellt auch die Bundesregierung die Frage, wo die Grenzen der europäischen Freizügigkeit zu setzen sind.

Dazu hatte die Bundesregierung bereits im Januar einen Staatssekretärsausschuss zur Begrenzung der sogenannten Armutszuwanderung eingesetzt. Dessen Abschlussbericht wurde im August im Bundeskabinett verabschiedet. Der Abschlussbericht enthält Empfehlungen zur Änderung von deutschem und europäischem Recht.





  • Der Missbrauch im Bereich des Freizügigkeitsrechts durch eine Minderheit soll danach auf der Grundlage des bestehenden europäischen Rechts wirkungsvoller unterbunden werden.
  • Im Bereich der Familienleistungen - in erster Linie beim Kindergeld - sollen Missbrauch und Doppelzahlungen rascher aufgedeckt und effektiv vermieden werden.
  • Schwarzarbeit und Scheinselbständigkeit sollen entschieden bekämpft werden.
Im Frühjahr hatte zudem das Sozialgericht Leipzig zu klären, ob eine rumänische Staatsangehörige und ihr Sohn einen Anspruch auf Leistungen der Grundsicherung gegen das Jobcenter Leipzig haben. Die Klägerin hat keinen erlernten oder angelernten Beruf und war bislang weder in Deutschland noch in Rumänien erwerbstätig. Einen entsprechenden Antrag auf Gewährung von Leistungen der Grundsicherung hatte das Jobcenter Leipzig abgelehnt.

In dem Gerichtsverfahren war auch zu klären, ob das Vorgehen des Jobcenters vereinbar mit europäischem Recht ist. Das Sozialgericht Leipzig rief hierzu den Europäischen Gerichtshof (EuGH) an. Dieser entschied, dass die Unionsbürgerrichtlinie nicht verbiete, EU-Ausländern unter gewissen Voraussetzungen von Grundleistungen auszuschließen. Innerhalb der ersten drei Monate des Aufenthalts sind die Mitgliedstaaten nicht verpflichtet, Sozialhilfe zu gewährleisten. Zudem können die Mitgliedstaaten nach den ersten drei Monaten der Einreise und bis fünf Jahren verlangen, dass der Einreisende über ausreichende eigene Existenzmittel verfügt.

Auch die europäische Verordnung zur Koordinierung der Systeme der sozialen Sicherheit steht dem nicht entgegen. Die Verordnung regelt nämlich nicht die Voraussetzungen für die Gewährung besonderer beitragsunabhängiger Geldleistungen - wie beispielsweise die Sozialhilfe.

Damit hat der EuGH das bestehende ausdifferenzierte deutsche System bestätigt. Dennoch betont der EuGH, dass eine Prüfung des jeweiligen Einzelfalls zu erfolgen hat.

DER MITTELSTANDSVERBUND warnt davor, sich den momentanen populistischen Diskussionen anzuschließen. "Richtig sind sicherlich Mechanismen, um Sozialbetrug vorzubeugen. Richtig ist jedoch auch, dass Deutschland im Rahmen des demographischen Wandels auf Fachkräfte aus dem Ausland angewiesen ist", erklärt der Leiter des MITTELSTANDSVERBUND-Büros in Brüssel, Tim Geier. Dies müsse berücksichtigt werden, wenn die bestehenden deutschen Regeln zum Aufenthaltsrecht geändert werden.


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