Mindestlohn: Stellungnahme der Betroffenen wenig erwünscht

Die Bundesarbeitsministerin will den Mindestlohn offenbar ohne Rücksicht auf Verluste. Zu dem am 19. März vorgelegten Referentenentwurf zum sogenannten"Tarifautonomiestärkungsgesetz" betrug die Frist zur Stellungnahme gerade noch zwei Arbeitstage.

Berlin, 25.03.2014 — Dass es Bundesarbeitsministerin Andrea Nahles eilig hat, ihre beiden Großprojekte gesetzgeberische Realität werden zu lassen, ist in Berlin ein offenes Geheimnis. In schwindelerregendem Tempo hat das Arbeitsministerium Gesetzentwürfe für die abschlagfreie Rente mit 63 und den gesetzlichen Mindestlohn vorgelegt. Und gerade beim Mindestlohn hat der BMAS-Branchendialog, an dem auch DER MITTELSTANDSVERBUND beteiligt ist, gezeigt: der Teufel steckt im Detail. Die Kritik über den Gesetzentwurf prasselte auf die Arbeitsministerin ein - nicht nur aus der Wirtschaft.

Andrea Nahles will trotzdem hartnäckig an dem strengen gesetzlichen Mindestlohn von 8,50 Euro festhalten. "So wie das Beteiligungsverfahren läuft, bekommt man den Eindruck, dass die Bundesarbeitsministerin an einem konstruktiven Dialog überhaupt nicht interessiert ist", kritisiert der Hauptgeschäftsführer des MITTELSTANDSVERBUNDES, Dr. Ludwig Veltmann. Unter dem Decknamen "Referentenentwurf eines Gesetzes zur Stärkung der Tarifautonomie" hat Nahles einen weiteren Vorstoß in Richtung Lohnuntergrenze gestartet. Und damit ihr auch niemand den Zeitplan durcheinander bringt, wurde die Stellungnahmefrist gegenüber dem ersten Entwurf noch einmal halbiert. "In zwei Arbeitstagen ist eine Auseinandersetzung mit allen Aspekten praktisch unmöglich", erklärt Veltmann. Deswegen hat sich der Spitzenverband des kooperierenden Mittelstandes gegenüber dem BMAS ausdrücklich einen weiteren Sachvortrag vorbehalten. "Immerhin geht es um nicht weniger, als drohende Verwerfungen auf dem Arbeitsmarkt und für das Bildungssystem durch Lösungen und Differenzierungen zu verhindern", betont Veltmann.

In seiner Stellungnahme kritisiert DER MITTELSTANDSVERBUND, dass keine einzige seiner Anregungen aus dem Branchendialog aufgegriffen wurde. "Dies müssen wir als weiteres Indiz dafür werten, dass der BMAS-Branchendialog von vornherein nicht als konstruktiver Austausch geplant war", bemerkt Hauptgeschäftsführer Dr. Ludwig Veltmann. Die größte Sorge des Verbandes ist der durch den Mindestlohn gesetzte Fehlanreiz für junge Erwachsene ohne jegliche Qualifikation, statt einer Berufsausbildung eine ungelernte Tätigkeit zum Mindestlohn anzustreben.

"Stattdessen zeigt sich nach Vorlage des Referentenentwurfes, dass nicht nur in keiner Weise auf die zu erwartenden Umsetzungsprobleme in mindestlohnnahen Unternehmen eingegangen wird, sondern durch zusätzliche neue Maßnahmen für alle Unternehmen erhebliche Bürokratie und wirtschaftliche Risiken geschaffen werden sollen. Die im Entwurf enthaltenen Aufzeichnungs- und Meldepflichten sowie die auch an Fehlverhalten Dritter anknüpfenden Haftungs- und Bußgeldtatbestände konterkarieren alle Bemühungen zum Bürokratieabbau und treffen alle Unternehmen noch weit stärker als der Mindestlohn selbst"
, schreibt DER MITTELSTANDSVERBUND in seiner Stellungnahme.

"Wir appellieren daher dringend an die Bundesregierung, die tiefgreifenden Folgen dieser Maßnahmen zu erkennen und von diesem mittelstandsfeindlichen Vorhaben Abstand zu nehmen", so Veltmann.


DER MITTELSTANDSVERBUND
kritisiert besonders folgende Punkte:
  • Pflicht zur Aufzeichnung der Arbeitszeit für alle geringfügig und kurzfristig Beschäftigten sowie für Beschäftigte bestimmter Branchen (vgl. SchwarzarbeitsbekämpfungsG, Aufbewahrungspflicht für mind. zwei Jahre)
  • Bürgenhaftung für die Zahlung des Nettolohns in beauftragten Werkvertrags- bzw. Dienstvertragsunternehmen sowie deren Subunternehmen
  • Ausufernde Bußgeldtatbestände mit hohem Bußgeldrahmen (bis zu 500.000 Euro), teilweise anknüpfend an Fehlverhalten von Subunternehmen
  • Ausschluss von der Vergabe öffentlicher Aufträge schon bei Verdacht auf Verstöße gegen das Mindestlohngesetz
  • Auswirkungen auf tarifliche Regelungen (Arbeitszeitkonten, Ausschlussfristen) und übliche vertragliche Vereinbarungen (Aufhebungsverträge)

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