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Eine Kraftwerksstrategie mit Überforderungspotential für den Mittelstand

Die Bundesregierung hat sich nach langem Ringen auf erste Eckpunkte für eine Kraftwerksstrategie geeinigt. So sollen wasserstofffähige Gaskraftwerke die Versorgung mit klimafreundlichem Strom auch in Zeiten mit wenig Sonne und Wind gewährleisten. Der Weg, den Zubau von Gaskraftwerken über einen Kapazitätsmechanismus am Strommarkt anzureizen ist allerdings ein zweischneidiges Schwert. Er verspricht Versorgungssicherheit, stellt aber zugleich eine erhebliche finanzielle Belastung dar. Der MITTELSTANDSVERBUND fordert Klarheit und Fairness – die Versorgungssicherheit darf nicht zu Lasten der wirtschaftlichen Tragfähigkeit für kleine und mittlere Unternehmen gehen.

Berlin, 06.02.2024 – Die frisch von der Bundesregierung auf den Weg gebrachte Kraftwerksstrategie hat eine klare Zielsetzung: Die Stromversorgung soll dekarbonisiert und zugleich die Versorgungssicherheit weiterhin auf dem gewohnt hohen Niveau gewährleisten. Den Kern der Kraftwerksstrategie bildet der Zubau von bis zu 10 Gigawatt (GW) durch moderne, flexible Erdgaskraftwerke, die später auf Wasserstoff umgestellt werden können. Während die Politik sich von dieser Initiative einen wichtigen Beitrag zur Systemstabilität und Versorgungssicherheit verspricht, sieht DER MITTELSTANDSVERBUND die Umsetzung kritisch. Die Strategie enthält essenzielle Elemente wie die Förderung von H2-ready Gaskraftwerken und die Integration von Kapazitätsmechanismen, die jedoch die Wirtschaftlichkeit mittelständischer Unternehmen zu gefährden drohen. Die Kostenverteilung (Umlage), insbesondere die finanzielle Last, die auf den Mittelstand zukommen könnte, ist aktuell noch unklar.

„Es dürfen auf keinen Fall offene Flanken entstehen, die den Mittelstand in eine „Black Box“ rennen lässt. Die Kosten müssen von Anbeginn transparent sein“, fordert Dr. Ludwig Veltmann, Hauptgeschäftsführer des MITTELSTANDSVERBUNDES. "Wir sind uns der Bedeutung der Energiewende für die Zukunftsfähigkeit unserer Wirtschaft bewusst und sind bereit, unseren Beitrag zur Energiewende zu leisten, jedoch nicht um jeden Preis. Die neue Kraftwerksstrategie darf nicht zum finanziellen Stolperstein für mittelständische Unternehmen werden. Nachhaltigkeit ist schließlich auch ein wirtschaftliches Thema. Das wird leider mitunter vergessen. Vor Kostenfallen kann ich aber hier nur warnen" so Dr. Ludwig Veltmann, Hauptgeschäftsführer des MITTELSTANDSVERBUNDES.

Eckpunkte der Kraftwerksstrategie

  • Kraftwerkskapazitäten: Ausschreibung von bis zu 10 GW H2-ready Gaskraftwerken, die auf Wasserstoff umgestellt werden können.
  • Kapazitätsmechanismus: Entwicklung eines marktlichen, technologieneutralen Kapazitätsmechanismus, der bis 2028 operativ sein soll.
  • Investitionsrahmen: Förderungen aus dem Klima- und Transformationsfonds und beschleunigte Genehmigungsverfahren.
  • Technologieentwicklung: Unterstützung neuer Technologien wie Kernfusion und CO₂-Abscheidung und -speicherung bis zu 500 MW im Rahmen der Energieforschung.
  • Elektrolyseur-Förderung: Abbau von Hemmnissen für den Betrieb von Elektrolyseuren und Vermeidung von Doppelbelastungen durch Abgaben auf Strom zur Speicherung und Elektrolyse.
  • EU-Abstimmung: Beratung der Kraftwerksstrategie mit der EU-Kommission und Konsultation der Öffentlichkeit.

Unterschied zwischen Energy-Only und Kapazitätsmarkt

In einem Energy-Only-Markt werden Stromerzeuger nur für die Menge an Energie bezahlt, die sie tatsächlich erzeugen und ins Netz einspeisen. Das fördert Effizienz und passt die Produktion an den tatsächlichen Verbrauch an (Flexibilität). Im Gegensatz dazu erhalten Stromerzeuger auf einem Kapazitätsmarkt zusätzliches Geld dafür, dass sie bereitstehen, Strom zu erzeugen, auch wenn dieser nicht gebraucht wird. Das kann zu höheren Strompreisen führen, weil auch die Vorhaltung von Kapazitäten finanziert werden muss. Zusätzlich gibt es Überlegungen, in Zukunft von Gas auf Wasserstoff umzustellen, was ebenfalls mit weiteren Kosten verbunden ist, da die Produktion von grünem Wasserstoff aktuell noch nicht etabliert ist und eine große Menge an erneuerbaren Energien erfordert.

Einschätzung des MITTELSTANDSVERBUNDES

Der Mittelstand unterstreicht das Ziel der Versorgungssicherheit für den Wirtschaftsstandort Deutschland, aber mit einem entscheidenden Vorbehalt: Die Kosten dürfen nicht unverhältnismäßig von kleinen und mittleren Unternehmen getragen werden müssen. Trotz der zugesagten Förderungen aus dem Klima- und Transformationsfonds und der Absicht, Hemmnisse für Elektrolyseure zu beseitigen, fehlt es an Klarheit über die langfristigen finanziellen Implikationen für den Mittelstand. Die Frage, wie die Kosten des Kapazitätsmarktes gestaltet und auf die Unternehmen umgelegt werden, ob über die vorhandene Infrastruktur der Netzengelte oder ob es eine neue „Kapazitätsmarktumlage“ geben wird, bleibt offen. Entscheidend ist dabei aber, dass die Kosten für die Umsetzung der Kraftwerksstrategie nicht einseitig auf den Mittelstand abgewälzt werden. DER MITTELSTANDSVERBUND sieht die Bundesregierung in der Pflicht, sicherzustellen, dass die betriebswirtschaftlichen Kalkulationen der Unternehmen nicht durch neue, unvorhergesehene Abgaben gefährdet werden. Nur unter diesem Blickwinkel ist der Übergang zu erneuerbaren Energien und Wasserstofftechnologien letztlich vertretbar.

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Dr. Sabine Schäfer  | Leiterin Energie und Umwelt | DER MITTELSTANDSVERBUND
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