Wettbewerbsfähigkeit im Mittelstand: Mindestlohn darf nicht zum Spielball der Politik werden
Jüngste Äußerungen des Bundeskanzlers haben den gesetzlichen Mindestlohn wieder in den Fokus der politischen Debatte gerückt. Doch Forderungen, der Mindestlohn müsse erneut auf politischem Wege deutlich angehoben werden, sorgen für zusätzliche wirtschaftliche Unsicherheit gerade bei kleinen und mittleren Unternehmen. Zudem sägen sie an den Fundamenten der Tarifautonomie. Vor diesem Hintergrund hat sich Dr. Henning Bergmann, Hauptgeschäftsführer DER MITTELSTANDSVERBUND, in der vergangenen Woche an Bundeskanzler Scholz – sowie an die zuständigen Bundesminister – gewandt. Damit greift der Verband auch die derzeitige Stimmung in seiner Mitgliedschaft auf.
Berlin, 10.06.2024 – Im Mai ergriff Bundeskanzler Olaf Scholz in der öffentlichen Debatte ungewohnt deutlich das Wort, als er sich mit Blick auf die allgemeine Lohnentwicklung für eine deutliche Anhebung des Mindestlohns aussprach – von derzeit 12,41 Euro pro Stunde auf zunächst 14 Euro sowie in einem zeitnahen nächsten Schritt auf 15 Euro. Dabei sollte es sich nach seinem Willen um eine Mindestlohnerhöhung auf politischem Wege handeln, wie sie nach der im Jahr 2015 erfolgten Einführung des gesetzlichen Mindestlohns in Deutschland erst- und bisher einmalig zum 1. Oktober 2022 durchgeführt wurde. Üblicherweise erfolgt die Anhebung des Mindestlohns in meist jährlichen Stufen gemäß den Beschlüssen der Mindestlohnkommission, die paritätisch mit Vertretern von Arbeitgeberverbänden und Gewerkschaften besetzt ist. Eine politische Einflussnahme auf die Mindestlohnhöhe sollte damit weitgehend ausgeschlossen werden.
Eine erneute politische Initiative zur Mindestlohnerhöhung – die von SPD und Grünen mehrheitlich unterstützt wird – würde das etablierte Verfahren im Rahmen der Mindestlohnkommission endgültig konterkarieren und aus dem Mindestlohn als Ergebnis der Verhandlungen von Arbeitgebern und Gewerkschaften einen tatsächlich politischen Mindestlohn machen. DER MITTELSTANDSVERBUND hält dies für sehr problematisch, da hierdurch Lohnentwicklung und Tarifverhandlungen zunehmend politisiert werden könnten und mutmaßlich zu einem regelmäßigen Wahlkampfthema würden. Im Rahmen eines persönlichen Anschreibens hat sich Dr. Henning Bergmann, Hauptgeschäftsführer DER MITTELSTANDSVERBUND, daher in der vergangenen Woche an Bundeskanzler Scholz – sowie in Kopie an die zuständigen Bundesminister – gewandt. Damit greift der Verband auch die derzeitige Stimmung in seiner Mitgliedschaft auf.
Denn obwohl DER MITTELSTANDSVERBUND als Wirtschaftsverband nicht selbst an Tarifverhandlungen beteiligt ist, treibt uns die Sorge um den Erhalt der Wettbewerbsfähigkeit am Standort Deutschland um. Schließlich sorgt die aktuelle Diskussion über eine vor dem Hintergrund von Armutsgefährdung und Wohlstandsverteilung vermeintlich angemessene Mindestlohnhöhe für weitere Unsicherheit insbesondere in kleinen und mittleren Unternehmen. Dabei hat die wirtschaftliche Wettbewerbsfähigkeit bereits erheblich gelitten: durch überbordende Bürokratie und Berichtspflichten, unzureichende Verkehrs- und Energieinfrastruktur, eine im internationalen Vergleich hohe Steuerbelastung gerade für Personenunternehmen sowie einen erheblichen Fachkräftemangel. Da schon diese negativen Faktoren substanzielle Kostentreiber für die Unternehmen darstellen, drohen mit einer so deutlichen Anhebung des Mindestlohns weitere finanzielle Belastungen. Denn ein höherer Mindestlohn würde aufgrund des üblichen Abstandsgebots das Lohn- und Gehaltsgefüge in den Unternehmen selbst dann nach oben verschieben, wenn aktuell kein Beschäftigter weniger verdient als die neue Mindestlohnhöhe vorsieht. DER MITTELSTANDSVERBUND sieht angemessene, regelmäßige Lohn- und Gehaltsanpassungen ausdrücklich als wichtigen Bestandteil einer guten Personalpolitik. Sie müssen aber jeweils im Kontext der – nicht zuletzt branchenabhängigen – Geschäftsentwicklung und zukünftigen Geschäftserwartung erfolgen. Eine gesetzliche Lohnuntergrenze kann hierfür einen sinnvollen unteren Rahmen setzen. Dabei sollte der Mindestlohn jedoch der allgemeinen Tarif- bzw. Lohnentwicklung folgen und darf nicht vielmehr zu ihrem Treiber werden.