MITTELSTANDSVERBUND gemeinsam mit deutscher Wirtschaft gegen die Zahlungsverzugs-Verordnung
Die EU-Kommission hat am 12. September 2023 den Entwurf einer Verordnung zur Bekämpfung von Zahlungsverzug im Geschäftsverkehr vorgelegt, welche die geltende und mit § 271 a BGB in nationales Recht umgesetzte Zahlungsverzugsrichtlinie 2011/7/EU aus dem Jahr 2011 ersetzen soll. Gemeinsam mit der Arbeitsgemeinschaft Mittelstand hat DER MITTELSTANDSVERBUND dazu eine ausführliche Stellungnahme abgegeben.
Berlin, 1.12.2023 – Vertragstreue und fristgerechte Zahlungen stellen für die mittelständische Wirtschaft unverzichtbare Elemente eines lauteren geschäftlichen Verhaltens dar. Der Mittelstand bekennt sich uneingeschränkt dazu. Die aktuellen Pläne der EU-Kommission werden allerdings mit sehr großer Sorge verfolgt. DER MITTELSTANDSVERBUND hat sich daher gemeinsam mit weiteren Wirtschaftsverbänden der AG Mittelstand im Rahmen einer Stellungnahme gegen die aktuelle Fassung der EU-ZahlungsverzugsVO gewendet.
Hintergrund
Durch die neuen Regelungen soll die Vertragsfreiheit der Unternehmen in den Lieferketten empfindlich eingeschränkt werden. Die vorgeschlagenen Einschränkungen der Privatautonomie stellen effiziente und funktionierende Geschäftsbeziehungen in Frage und gefährden so die Existenz erfolgreich wirtschaftender mittelständischer Unternehmen. Die mit den geplanten Maßnahmen verbundenen wirtschaftlichen Risiken und Kosten werden durch die Folgenabschätzung der EU-Kommission nicht ansatzweise abgebildet.
Im B2B-Bereich sind die mit dem Verordnungsentwurf geplanten Regelungen im Kern ungeeignet, pünktliche und vertragsgerechte Zahlungen zu gewährleisten und damit einen Beitrag zur Bekämpfung des Zahlungsverzugs zu leisten. Der gewählte Ansatz, die Zahlungsmoral durch Gesetz verbessern zu wollen, erscheint somit insgesamt verfehlt. Pünktliche Zahlungen könnten demgegenüber wirksam mittels einer optimierten Rechtsdurchsetzung in Form von schnelleren und effektiveren Gerichtsverfahren gewährleistet werden, die nach den Ergebnissen des EU Justice Scoreboard 2023 der EU-Kommission im Binnenmarkt vielfach defizitär sind. Die Gewährleistung einer effizienten Rechtsdurchsetzung obliegt allerdings den Mitgliedstaaten und nicht dem EU-Normgeber.
Die mittelständische Wirtschaft begrüßt das Ziel der EU-Kommission, Vertragstreue und fristgerechte Zahlungen in den B2B-Beziehungen zu fördern. Der vorliegende Vorschlag einer Verordnung zur Bekämpfung des Zahlungsverzugs ist jedoch bereits nicht geeignet, diese Zielsetzung zu erreichen. Stattdessen greift er unverhältnismäßig in die Vertragsautonomie der Unternehmen in den Lieferketten ein. Der Entwurf ist daher mit der Gefahr verbunden, die Wettbewerbsfähigkeit der mittelständischen Unternehmen und die Effizienz der Lieferbeziehungen zu beeinträchtigen. Sollten die geplanten Regelungen beschlossen werden, würden die Möglichkeiten der Unternehmen, positive Geschäftsergebnisse zu erzielen, den Cashflow zu optimieren, Risiken angemessen zwischen den Vertragspartnern zu verteilen und die Erwartungen der Kunden und Verbraucher zu erfüllen, empfindlich gestört.
Insgesamt werden die mit den Vorschlägen der EU-Kommission verbundenen Kostensteigerungen und Ineffizienzen auch erhöhend auf das Verbraucherpreisniveau durchschlagen. Es drohen weiterhin ernsthafte Belastungen insbesondere für die mittelständische Wirtschaft.
Die EU-Kommission sollte den Entwurf daher zurückziehen. Zumindest sollte der EU-Normgeber die Regeln grundlegend überarbeiten. Dabei sind folgende Punkte zu berücksichtigen:
- Eine pauschale Beschränkung zulässiger Zahlungsfristen auf 30 Tage ist unverhältnismäßig. Unternehmen müssen auch in Zukunft ohne weitere Voraussetzungen Zahlungsfristen von bis zu 60 Tagen vereinbaren können. Längere Zahlungsfristen müssen möglich sein, soweit diese für den Gläubiger nicht grob unbillig sind.
- Nationale Regelungen zu Überprüfungs- und Abnahmeverfahren müssen auch in Zukunft uneingeschränkt möglich sein. Eine pauschale Beschränkung zulässiger Fristen für die Überprüfung und Abnahme widerspricht den praktischen Bedürfnissen. Es müssen Fristen von mehr als 30 Tagen zulässig sein, soweit diese für den Gläubiger nicht grob unbillig sind.
- Gläubiger dürfen nicht gezwungen werden, Verzugszinsen zu fordern. Im Rahmen der Privatautonomie müssen Gläubiger die Möglichkeit behalten, auf Verzugszinsen zu verzichten.
- Eine behördliche Rechtsdurchsetzung ist mit unnötiger Bürokratie und Kosten verbunden. Der EU-Normgeber muss flexibel verschiedene Möglichkeiten der Rechtsdurchsetzung entsprechend der Rechtstradition in den Mitgliedstaaten zulassen, soweit diese effizient und wirksam sind.
Die vollständige Stellungnahme finden Sie hier.