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„Entlastung und Vereinfachung“ als Zauberformel für den Mittelstand?!

Nach knapp 200 Tagen schwarz-gelber Koalition in Berlin ziehen Wirtschaft und Politik beim politischen Vormittag der PEAK 2010 in Berlin ein Fazit

Berlin, 12. Mai 2010 — Mit einem kritischen Resümee der für den Mittelstand wichtigen Punkte in der aktuellen politischen Diskussion, eröffnete ZGV-Präsident Wilfried Hollmann den Politischen Vormittag der PEAK 2010, gleichzeitig öffentlicher Teil der ZGV-Mitgliederversammlung. Er machte deutlich, dass die am 27. September 2009 gewählte schwarz-gelbe Regierung die Erwartungen bisher in nicht erfüllen konnte. Denn durch koalitionsinterne Attacken und gegenseitige Vorwürfe seien wichtige Steuerungsfunktionen lahmgelegt und damit die „Arbeitsspeicher“ erheblich belastet, wenn nicht sogar gelähmt worden. Besonders enttäuscht äußerte sich Hollmann zu den zunächst so engagierten und sicherlich auch richtigen, vermutlich aber zum falschen Zeitpunkt vorgetragenen Steuersenkungsplänen der Liberalen. Denn diese seien binnen weniger Wochen, mittlerweile auch durch den offensichtlichen Rückzug der FDP, zum Beleg für den misslungenen Start der neuen Bundesregierung geworden. „Wenn steuerpolitisch aktuell keine Spielräume vorhanden sind, dann muss man sie schaffen, eben auch dadurch, das Kosten der staatlichen Verwaltung, das Zuwendungen zu Institutionen jedweder Art und auch Subventionen massiv auf den Prüfstand gehören!“ forderte Hollmann die Regierung zum konsequenten Bürokratieabbau auf.

In diesem Zusammenhang warnte er jedoch entschieden davor, nun zu erstarren, und damit am Status Quo festzuhalten. Denn die Verwerfungen in der Gesellschaft, gerade hinsichtlich der mittleren Einkünfte, von denen in mittelständischen Unternehmen bekanntlich ein Großteil bezogen wird, würden immer größer. Durchschnittlich 52 Prozent der Brutto-Arbeitskosten eines ledigen Fachangestellten für Lohnsteuer und Sozialbeiträge seien ein trauriger historischer Rekord. Der Staat bewege sich mit der gesetzlich verankerten Abgabenlast immer weiter außerhalb angemessener Größenordnungen. „Mehr Netto vom Brutto“ bleibe daher weiterhin eine seiner Kernforderungen, denn um dauerhaft im internationalen Wettbewerb mithalten zu können, könne es nur einen Schluss geben: Weitere Entlastungen der Mitte sind dringend notwendig! Denn dieser sei nach wie vor ein Garant für Aufschwung und Stabilität in Deutschland und lebe von einer Kultur der Werte. Nicht nur für Unternehmer, sondern auch für alle Führungskräfte gilt dabei, dass das, was von anderen Menschen erwartet wird, zunächst vorgelebt werden muss.

STATEMENT Wilfried Hollmann

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Wer das Erfolgsgeheimnis des Mittelstandes zu ergründen versuche, der finde die Antwort in dieser an sich einfachen Formel: Vertrauen in das eigene verantwortungsvolle Handeln. Denn daraus ergebe sich all das, worum sich aktuell die öffentliche Debatte immer wieder drehe, nämlich nachhaltige Unternehmensführung. Diese Grundsätze müssen auch in den Mittelpunkt politischen Handelns in diesem Lande rücken. Für jeden Spitzenpolitiker müssten sie eigentlich gelten. Im Weiteren betonte Hollmann jedoch, dass er nicht den Konfrontationskurs suche, sondern einen konstruktiven Dialog.

Als ein „politisches Megathema“ bezeichnete er die Gesundheitsreform. Dabei gehe es weniger um die komplexen Details und das für den Außenstehenden undurchsichtige Dickicht von Regelungen für die jeweils Handelnden, sondern schlicht um die Auswirkungen eines solchen Reformwerks für den mittelständischen Händler, Apotheker, Handwerker oder Dienstleistungsunternehmer.

„Der Mittelstand erwirtschaftet das, was die Politik gern ausgibt!“

Gibt es also Hoffnung auf eine grundlegende Gesundheitsreform, auf Entlastung der Unternehmen, oder werden die Krankenversicherungsbeiträge und damit die Lohnnebenkosten weiter steigen? Wie genau kann eine Reformierung des Gesundheitssystems aussehen und was bedeutet der Umbau für die selbständigen Unternehmer?
Diese Fragen konnte der erste politische Redner des Vormittages, der Parlamentarische Staatssekretär im Bundesgesundheitsministerium, Daniel Bahr, MdB den Teilnehmern zunächst nur rudimentär und auch nur in der Theorie beantworten: „Weniger Bürokratie — mehr Vertrauen“, dies waren die Schlagworte, die Bahr einleitend in die Runde brachte. Ein modernes Gesundheitssystem müsse gleichermaßen wettbewerbsfähig und solidarisch sein. Im Weiteren führte er aus, dass der Schlüssel allerdings nicht im wesentlichen darin liege, nur Regelungen zu minimieren: der Glaube, dass der Staat die Probleme besser lösen könne, als die Menschen, die in dem Bereich arbeiten, führe zu Kontrollzwang und unnötiger Bürokratie. „Entlastung und Vereinfachung“ seien nicht nur im Bezug auf die Gesundheitspolitik die Zauberformel. Ein modernes Gesundheitssystem müsse sich unabhängig von der Lage am Arbeitsmarkt finanzieren lassen, daher plädiere er mit seiner Partei für eine Prämienfinanzierung. Eine Erhöhung der Sozialabgaben oder weitere Steuerfinanzierung seien in der derzeitigen Situation, kurz nach der Krise, mit einer leichten wirtschaftlichen Erholung vor Augen, das falsche Signal, so Bahr und bekannte sich damit klar zum Mittelstand. Denn: „Der Mittelstand erwirtschaftet das, was die Politiker gern ausgeben! Das dürfen wir nicht vergessen.“ Nur dem starken deutschen Mittelstand sei es zu verdanken, dass die Wirtschaftlichen Verwerfungen am Arbeitsmarkt in Deutschland nicht so deutlich zu spüren seien, wie in anderen Ländern.

STATEMENT Daniel Bahr

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Starker Partner des Mittelstandes: Volks- und Raiffeisenbanken wollen sich beweisen

Dass sich die Volks- und Raiffeisenbanken als starker Partner des Mittelstandes beweisen wollen, bestätigte Wolfgang Kirsch, Vorstandsvorsitzender der DZ-Bank AG. Er ging damit auf die von Präsident Hollmann in der vorangegangenen Woche auf einer Tagung des BVR geäußerten Kritik an den genossenschaftlichen Banken ein.

Hollmann hatte zuvor betont, dass er trotz aller Kritik (nur etwa 30 % der im ZGV kooperierenden Unternehmen sind Kunde einer VR-Bank) glaube, dass besonders die kooperierenden Unternehmen ideale Kunden der genossenschaftlichen Geldinstitute sein könnten. Denn diese wüssten die besondere Stellung als Miteigentümer einer Kooperation besonders zu schätzen. In diesem Zusammenhang forderte Hollmann die Kreditgenossen auf, zukünftig aktiv auf den kooperierenden Mittelstand zuzugehen, Wolfgang Kirsch bestätigte ihm die Motivation dazu, die ihm aus dem Finanzverbund deutlich signalisiert wurde.

STATEMENT Dr. Wolfgang Kirsch


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Perspektiven einer zukunftsorientierten Mittelstandsfinanzierung legte Kirsch, den Teilnehmern im Folgenden dar. Die DZ BANK Gruppe und mit ihr auch die DZ BANK AG habe 2009 gute operative Erfolge erzielen können, insbesondere im Geschäft mit den Volks- und Raiffeisenbanken. Die DZ-Bank sei damit, mit einem Vor-Steuer-Ergebnis von 836 Millionen Eurowieder spürbar in die Gewinnzone zurückgekehrt. Die zuvor von ZGV-Präsident Hollmann geäußerten Sorgen bezüglich einer weiterhin drohenden Kreditklemme, die auch die vom ZGV erhobenen Zahlen verdeutlichen, konnte Kirsch in seinem Vortrag nicht nachvollziehen. Er betonte, dass man sich besonders im Mittelstandskreditgeschäft nicht von der vieldiskutierten Kreditklemme habe anstecken lassen. Im Gegenteil: Das Mittelstandskreditgeschäft mit den Genossenschaftsbanken stieg um 9 Prozent. Er räumte allerdings ein, dass die Kunden vermutlich derzeit mit schlechteren Konditionen und eventuell auch mit einem größeren bürokratischen Aufwand bei der Kreditvergabe zu kämpfen hätten.

Scharfe Kritik äußerte Kirsch an den staatlichen Rettungsfonds für Banken, welche zu erheblichen Wettbewerbsverzerrungen geführt hätten. Als noch ungerechter bezeichnete er in diesem Zusammenhang die Bankenabgabe. Denn damit würden Akteure gestraft, die nicht für die Krise und die Verwerfungen an den Märkten verantwortlich gewesen wären.

Kirsch verdeutlichte in seinem Vortrag auf der PEAK 2010, dass sie die Volks- und Raiffeisenbanken als starker Partner desdeutschen Mittelstandes profilieren wollen. Dabei sei er jederzeit zu Gesprächen mit Vertretern des ZGV bereit, um Kooperationspotentiale zu eruieren und damit eine engere Zusammenarbeit zu gewährleisten. Lösungen müssten letztendlich von beiden Seiten gefunden werden, fest stehe jedoch: „Eine Bank muss mit ihrem Kunden durch dick und dünn gehen“. Einem speziellen Rating für Verbundgruppen auf Basis eines „Verbundgruppenbonus“ erteilte Kirsch zunächst eine klare Absage. Hierzu werde es jedoch in der Zukunft weitere Gespräche geben, kündigte Präsident Hollmann abschließend an.

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