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EU sagt „Greenwashing“ den Kampf an

Der Vorschlag der Kommission über eine „Richtlinie über Umweltaussagen“ ist der jüngste Versuch, Verbraucherinnen und Verbraucher auf dem Weg zum ökologischen Wandel vor unlauteren ökologischen Praktiken von Unternehmen zu schützen. Nun steht das Gesetzesvorhaben, das dem „Greenwashing“ den Kampf ansagt, vor dem Abschluss. Ob dieser einem Kampf gegen Windmühlen gleicht und welche Pflichten auf Unternehmen des Mittelstands zukommen? DER MITTELSTANDSVERBUND klärt für Sie auf.

Brüssel, 28.03.2024 – Im Kontext der europäischen Version des Green Deals hat die Von der Leyen-Kommission bereits einige Gesetzesvorhaben auf den Weg gebracht. So wurde kürzlich etwa die „Richtlinie zur Stärkung der Verbraucher für den ökologischen Wandel“, die Verbraucher vor irreführenden Umweltaussagen und unlauteren ökologischen Behauptungen schützen soll, vom Europäischen Parlament verabschiedet. In die gleiche Richtung zielt nun die „Umweltaussagen-Richtlinie“ (englisch: Green Claims Directive), die Unternehmen zu ehrlichen und transparenten Umweltaussagen verpflichten sowie einheitliche Standards in der Verwendung von Umweltzertifikaten schaffen soll.

Verbot falscher „ausdrücklicher Umweltaussagen“

Die Richtlinie hat zum Ziel, „ausdrückliche Umweltaussagen“ über Produkte in Textform oder auf Umweltzeichen stärker zu reglementieren und damit unseriöse Aussagen bestenfalls zu verhindern. Konkret bedeutet das für betroffene Unternehmen, dass umweltbezogene Werbeaussagen zu Produkten und Dienstleistungen mithilfe eines Bewertungskatalogs klar belegt werden müssen. Die Bewertung muss etwa nachweisen, dass

  • die Aussage auf allgemein anerkannten wissenschaftlichen Erkenntnissen beruht;
  • die Aussage nicht bereits bestehenden gesetzlichen (Mindest-)Anforderungen für die jeweilige Produktgruppe entspricht;
  • das Produkt in Bezug auf die Umweltauswirkungen wesentlich besser abschneidet als andere Produkte dieser Produktgruppe.

Zudem bestehen für Unternehmen klare Kommunikationspflichten gegenüber Verbraucherinnen und Verbrauchern. So sieht der Vorschlag vor, dass die zugrundeliegenden Informationen für umweltbezogene Werbeaussagen transparent und nachvollziehbar zusammen mit der getätigten Aussage zur Verfügung gestellt werden müssen – etwa mithilfe von Weblinks oder QR-Codes. Diese enthalten unter anderem

  • Umweltauswirkungen des Produktes;
  • die Studien oder Berechnungen, die der entsprechenden Umweltaussage zugrunde liegen;
  • eine kurze Erläuterung, wie die Verbesserung, die der Aussage womöglich zugrunde liegen, erreicht werden;
  • eine klare und verständliche Zusammenfassung der Bewertung.

Mit der Ausnahme von Kleinstunternehmen mit unter 10 Beschäftigten und weniger als zwei Millionen Euro Umsatz gilt die Richtlinie grundsätzlich für alle Unternehmen, die im EU-Binnenmarkt tätig sind.

Vereinheitlichung der Umweltzeichen

Ein weiteres Ziel des Gesetzesvorhabens ist es, die unterschiedlichen, sich teils überlappenden Aussagen zur Nachhaltigkeit von Produkten zu reduzieren. Zukünftig sollen nur solche Umweltzeichensysteme, Bewertungen und Einstufungen an Produkte vergeben dürfen, die besondere EU-rechtliche Anforderungen erfüllen. Doch wer befürchtet, dass es nun dem Blauen Engel an den Kragen gehen könnte, darf entwarnt werden. Nach Umsetzung der Richtlinie dürfen nationale Behörden keine neuen nationalen oder regionalen Umweltzeichensysteme mehr einführen; bestehende Systeme werden hingegen weiterhin erlaubt, sofern sie den Anforderungen der Richtlinie entsprechen.

Das Argument der Gesetzgeber für eine solche Entschlackung hat zweierlei Hintergründe: Einerseits soll verhindert werden, dass Unternehmen ihre Zertifikate ohne größere Gegenprüfung „einkaufen“.  Andererseits könnten die indirekten Kosten für die Beantragung eines solchen Zeichens durch die Harmonisierung der Systeme und die daraus resultierende Vermeidung der Beantragung überlappender Umweltzeichen wieder ausgeglichen werden.

Errichtung von Prüfstellen

Vor Veröffentlichung einer umweltbezogenen Aussage kommt diese erst unter die Lupe einer nationalen Prüfstelle. Diese sollen unabhängig sein und werden von den Mitgliedstaaten eingerichtet. Wurde nach den oben beschriebenen Bewertungskriterien grünes Licht erteilt, erhält die grüne Werbebotschaft gegebenenfalls eine Konformitätsbescheinigung – diese bescheinigt den Verbrauchern und Verbraucherinnen, dass die getätigte Aussage den Anforderungen der Richtlinie entspricht.

Zudem werden die Mitgliedstaaten zur Errichtung nationaler Behörden verpflichtet, die die Einhaltung der neuen Öko-Spielregeln etwa über regelmäßige Kontrollen überwachen sollen. Sollte ein Greenwashing-Verdacht bestehen, unterrichten diese zudem die Unternehmen und fordern sie auf, innerhalb von 30 Tagen alle geeigneten Korrekturmaßnahmen zu ergreifen – oder gegebenenfalls die Verwendung der Botschaft einzustellen. Sollte dieser Aufforderung nicht nachgekommen werden, drohen empfindliche Strafen, die bis zu 4 % des Jahresumsatzes des Unternehmens betragen können.

Fazit

Mit der „Umweltaussagen-Richtlinie“ haben die europäischen Gesetzgeber ein einheitliches System zur Verhinderung unseriöser Umweltaussagen geschaffen. Die neuen Regeln entsprechen weitestgehend dem deutschen Lauterkeitsrecht bzw. den Vorgaben des Gesetzes gegen unlauteren Wettbewerb. Die Richtlinie adressiert alle Marktteilnehmer, Hersteller sind daher ebenso betroffen wie andere Marktteilnehmer. Auch mittelständische Kooperationen müssen daher das neue Rahmenwerk mit Blick auf Eigenmarken, Werbung und Marketing insgesamt beachten.

Der Vorschlag muss nunmehr noch formal im Rat der Europäischen Union angenommen werden. Sobald dies passiert ist, haben die Mitgliedstaaten 18 Monate Zeit, um die Richtlinie in nationales Recht umzusetzen.

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Tim Geier | Geschäftsführer Büro Brüssel | DER MITTELSTANDSVERBUND
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