Recht auf Reparatur: Kommission wählt ungewöhnlichen Ansatz
Unter dem Motto „Reparieren statt Wegwerfen“ möchte die Kommission das Recht auf Reparatur für Verbraucher einführen. Der Vorschlag sieht Pflichten sowohl für Händler als auch für Hersteller vor.
Brüssel, 22.03.2023 – Heute veröffentlichte die Kommission einen Richtlinienvorschlag, zur Förderung der Reparatur von Produkten sowie eines nachhaltigen Konsums. Nach Ansicht der Europäischen Kommission tragen Reparaturen zur Abfallverringerung bei und führen zu Einsparungen für die Verbraucherinnen und Verbraucher. Darüber hinaus erhofft sich die Kommission eine gesteigerte Inanspruchnahme von Reparaturdienstleistungen. Gleichzeitig sollen Anreize für Hersteller und Händler geschaffen werden, nachhaltigere Geschäftsmodelle zu entwickeln.
Welche Neuerungen kommen auf Händler und Hersteller zu?
Der Kommissionsvorschlag sieht Änderungen des Gewährleistungsrechts vor: Zunächst bleibt die zweijährige Gewährleistungsfrist bestehen – eine Verlängerung derselben wurde im Vorfeld von den politischen Entscheidungsträgern diskutiert. Im Fall eines Mangels an der Kaufsache hat der Händler nach dem bestehenden Gewährleistungsrecht grundsätzlich ein Wahlrecht zwischen Neulieferung und Nachbesserung. Dies soll sich nunmehr ändern: Händler sollen primär zur Reparatur der Kaufsache verpflichtet sein, wenn diese im Vergleich zu der Lieferung einer neuen Kaufsache geringere oder dieselben Kosten verursacht. Damit zielt die Kommission auf eine Priorisierung von Reparaturleistungen im Rahmen des Gewährleistungsrechts ab.
Nach Ablauf der zweijährigen Gewährleistungsfrist soll ein Recht auf Reparatur gegenüber dem Hersteller eingeführt werden. Nach unserer aktuellen Lesart besteht dieses Recht daher außerhalb des Gewährleistungsrechts und unabhängig von dem Bestehen eines Mangels an der Kaufsache. Es obliegt dem Hersteller, dem Verbraucher die Kosten für die geforderte Reparatur in Rechnung zu stellen. Abhängig von der Produktgruppe soll dieses Recht fünf bzw. zehn Jahre ab dem Kauf der Sache bestehen. Das Recht auf Reparatur soll nicht ausgeschlossen sein, wenn die Reparatur unmöglich ist. Hersteller sollen das Recht haben, die Reparaturleistung auszulagern, bzw. an externe Dienstleister zu übertragen.
Zudem sollen Hersteller verpflichtet sein, auch externen Reparatur-Dienstleistern Zugang zu Reparatur-Informationen sowie den entsprechenden Ersatzteilen zu gewähren.
Erleichterung der Reparatur
Unabhängig von diesen Hersteller- und Händlerpflichten sollen Mitgliedstaaten die Reparatur von Produkten stärken: Hierzu soll jeder Mitgliedstaat eine zentrale Plattform einrichten, die die Auffindbarkeit von Reparatur-Dienstleistern erleichtern soll. In dieser Plattform können sich Dienstleister und Händler auf freiwilliger Basis eintragen lassen. Mit einer produktbezogenen Suchfunktion und Zusatzinformationen hinsichtlich der ggf. verwendeten Reparatur-Standards soll die Auffindbarkeit zusätzlich erleichtert werden.
Weiterhin sieht der Vorschlag verpflichtende Grundinformationen im Rahmen eines Reparatur-Vertrags vor. Insbesondere soll dieser Vertrag Informationen enthalten zu:
- Identität des Dienstleisters,
- Zu reparierende Sache,
- Ursache des Schadens und vorgeschlagene Reparatur,
- Geschätzte Ausführung des Vertrags,
- Preis oder preisbildende Faktoren und ein entsprechendes Berechnungs-Modell,
- Bereitstellung einer Ersatzsache und entsprechender Preis,
- Ort der Übergabe der zu reparierenden Sache,
- Zusatzdienstleistungen im Zusammenhang mit der Reparatur (Anfahrt zum Verbraucher, Abholung der Sache etc.)
DER MITTELSTANDSVERBUND begrüßt grundsätzlich den Vorschlag der Kommission als einen wichtigen Beitrag zur Abfallreduzierung. Bereits heute bieten viele Verbundgruppen entsprechende Reparatur-Leistungen an. Auch der Zugang zu Ersatzteilen ist zu begrüßen, wobei hinsichtlich der Details sicherlich noch einige Klarstellungen im nunmehr anlaufenden Gesetzgebungsprozess folgen müssen.
In jedem Fall wird DER MITTELSTANDSVERBUND diese Thematik sowie gute Praxisbeispiele aus der Welt der Verbundgruppen in seinem neu gegründeten Initiativkreis „Reparaturen im Handel“ diskutieren. Interessierte Entscheider und Experten aus den Verbundgruppen können bereits jetzt ihr Interesse bekunden.