Bürokratieentlastungsgesetz: Mittelständische Unternehmen brauchen gerade jetzt spürbare Erleichterungen
Die Bundesregierung hat zu ihrem Amtsantritt ein neues Bürokratieentlastungsgesetz angekündigt. Erkennbaren Fortschritt gibt es bisher hingegen kaum. Vor dem Hintergrund der steigenden Inflation und angespannten Wirtschaftslage wäre die Bundesregierung gerade jetzt in der Pflicht, insbesondere die kleinen und mittleren Unternehmen von unnötiger Bürokratie zu befreien und damit zu entlasten.
Berlin, 07.07.2022 – Nachdem sich die Ampel-Koalition bereits in ihrem Koalitionsvertrag dazu bekannt hatte, ein neues Bürokratieentlastungsgesetz auf den Weg zu bringen, wurde dieses Vorhaben im Januar 2022 noch einmal von Bundeswirtschaftsminister Robert Habeck bekräftigt. Demnach soll das sogenannte „Bürokratieentlastungsgesetz IV“ noch im Jahr 2022 beschlossen werden. Seitdem ist das Gesetz jedoch kaum vorangekommen: Es liegt auch nach sechs Monaten kein Referentenentwurf mit konkreten Maßnahmen vor. Dies ist zwar zum einen vor dem Hintergrund nachvollziehbar, dass die personellen und finanziellen Ressourcen der Bundesregierung im Zuge des Ukraine-Kriegs und der damit verbundenen wirtschaftlichen Herausforderungen stark gebunden sind. Zum anderen ist es aber nicht nur bedauerlich, sondern auch fahrlässig, das große mit dem Abbau von Bürokratie verbundene Entlastungspotenzial – insbesondere für die Unternehmen im Mittelstand – nicht auszuschöpfen.
Zwar wurde schon frühzeitig im Bundesministerium für Wirtschaft und Klimaschutz (BMWK) ein Referat benannt, das sich um die Ausarbeitung konkreter Vorschläge für Bürokratieentlastungsmaßnahmen kümmern soll. Bisher liegen jedoch keine belastbaren Ergebnisse vor. Ein Referentenentwurf, der eigentlich bei einer Verabschiedung des Gesetzes bis Ende des Jahres längst überfällig wäre, lässt weiterhin auf sich warten. Dabei gäbe es unzählige Ansatzpunkte für sinnvolle Bürokratieentlastungen: Dazu gehören etwa eine Flexibilisierung des Arbeitszeitrechts, eine Regulatorik entlang der Lieferkette mit Augenmaß für kleine und mittlere Unternehmen, die Vermeidung überbordender Berichtspflichten in Bezug auf Corporate Social Responsibility und EU-Taxonomie, eine erleichterte digitale Kommunikation zwischen Unternehmen und Verwaltung unter Nutzung einheitlicher Schnittstellen und der einheitlichen Wirtschaftsnummer oder auch erleichterte steuerliche Betriebsprüfungen und zeitnahe verbindliche Auskünfte seitens der Finanzämter sowie eine Verkürzung von Aufbewahrungspflichten. DER MITTELSTANDSVERBUND fordert diese und weitere Bürokratieerleichterungen seit Jahren gegenüber der Politik ein und steht dazu in engem Austausch mit den Bundesministerien und dem Bundestag.
Es sind gerade kleine und mittlere Unternehmen, die besonders unter rigiden bürokratischen Pflichten und Anforderungen leiden. Ihnen entstehen dadurch auch die in Relation höchsten Kosten. Da die finanzielle Lage vieler Unternehmen im Zuge der Corona-Krise und der nun infolge des Ukraine-Kriegs stark gestiegenen Inflation mit massiven Energiepreissteigerungen ohnehin angespannt ist, könnte ein umfangreiches Bürokratieentlastungsgesetz auch für finanzielle Entlastung im Mittelstand sorgen. „Es ist unverständlich, dass die Bundesregierung die Chance zum beherzten Bürokratieabbau nicht schon längst ergriffen hat: Denn Bürokratieentlastungen bedeuten finanzielle Entlastungen für die Unternehmen, ohne dass sie den Bundeshaushalt belasten. Angesichts der angespannten Haushaltslage wären sie für die Bundesregierung daher deutlich günstiger als neue Hilfsprogramme.“, sagt dazu Dr. Ludwig Veltmann, Hauptgeschäftsführer DER MITTELSTANDSVERBUND.
Von zentraler Bedeutung ist aus Sicht des MITTELSTANDSVERBUNDES zudem, dass das Bürokratieentlastungsgesetz IV anders als die vorangegangenen Gesetze wirklich spürbare Entlastungen in unterschiedlichen Bereichen mit sich bringt. „Das Silodenken in den Bundesministerien muss endlich überwunden werden. Zudem darf es keine Bereiche geben, in denen Bürokratieentlastungen von vorneherein Tabu sind.“, so Veltmann weiter. Stattdessen sollten alle Bundesministerien konkrete Vorschläge für Entlastungen zuliefern. Zudem muss eine enge Anbindung des Gesetzgebungsverfahrens an die Arbeit des nun beim Bundesministerium der Justiz (BMJ) angesiedelten Nationalen Normenkontrollrats (NKR) angestrebt werden, dessen Vorschläge für Bürokratieabbau in der Vergangenheit oft genug unberücksichtigt blieben. Dahinter sollte die bisherige Federführung des BMWK im Zweifelsfall zurückstehen. Ganz im Sinne des NKR muss über den Bürokratieabbau bei bestehender Regulierung hinaus auch die Vermeidung unnötiger Bürokratie bei neuen Gesetzen grundlegende Maxime der Bundesregierung sein. Den Unternehmen wäre wenig damit geholfen, wenn einzelne Bürokratieerleichterungen durch neue Bürokratiepflichten an anderer Stelle wieder aufgewogen werden.
DER MITTELSTANDSVERBUND wird das weitere Gesetzgebungsverfahren aufmerksam verfolgen und sich gerne im Rahmen einer Verbändebeteiligung inhaltlich einbringen. Auch die Mitglieder des MITTELSTANDSVERBUNDES können hierzu konkrete Vorschläge für Entlastungsmaßnahmen an den Verband übermitteln.