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Bundestag beschließt Bürokratieentlastungsgesetz IV: Kommt jetzt die Bürokratieabbau-Offensive?

Der Bundestag hat am vergangenen Donnerstag das Bürokratieentlastungsgesetz IV beschlossen. Diesem Beschluss gingen mehr als zweieinhalb Jahre inhaltlicher Arbeit mit einigen Unstimmigkeiten in der Bundesregierung voraus. Im Ergebnis sind die nun beschlossenen Entlastungen zwar sinnvoll, greifen jedoch in vielerlei Hinsicht zu kurz.

Berlin, 02.10.2024 – Das sogenannte Vierte Bürokratieentlastungsgesetz (BEG IV) wurde am 26. September 2024 endlich vom Bundestag beschlossen. In der Tradition früherer Bürokratieentlastungsgesetze soll es zahlreiche Einzelmaßnahmen aus unterschiedlichen Bereichen bündeln und so die Bürokratielast für Unternehmen sowie Bürgerinnen und Bürgern insgesamt senken. In diesem Fall ging dem Beschluss jedoch ein rekordverdächtig langes Gesetzgebungsverfahren voraus: Erstmalig wurde das BEG IV im Januar 2022 von Bundeswirtschaftsminister Habeck angekündigt. Nach einem Wechsel der Zuständigkeit in der Bundesregierung und einer groß angelegten Verbändebefragung veröffentlichte schließlich das Bundesministerium der Justiz (BMJ) im Januar 2024 einen Referentenentwurf des BEG IV. Diesem folgte bereits im März der nur geringfügig angepasste Regierungsentwurf. Gegenüber diesem sind nun im parlamentarischen Verfahren auf Empfehlung des Rechtsausschusses einzelne Erweiterungen beschlossen worden. Für die endgültige Verabschiedung des Gesetzes ist noch der Beschluss des Bundesrates erforderlich.

Entlastungen in unterschiedlichen Bereichen

Die nun beschlossenen Entlastungen entfallen insbesondere auf folgende Bereiche:

  • Verkürzung der Aufbewahrungsfristen für Buchungsbelege im Handels- und Steuerrecht einheitlich von zehn auf acht Jahre durch entsprechende Änderungen im Steuer- sowie Handelsrecht (§ 147 AO; § 14b UStG; § 257 HGB)

  • Schaffung einer Möglichkeit zur Verkürzung der Äußerungsfrist im Rahmen der Umweltverträglichkeitsprüfung (§ 22 UVPG), wenn sich nachträgliche Änderungen im Laufe des Verfahrens ergeben. In diesen Fällen soll sich eine erneute Beteiligung der Öffentlichkeit ebenfalls nur auf die Änderungen beschränken

  • Absenkung von Formerfordernissen im Zivilrecht zur Stärkung der Digitalisierung in Unternehmen und Behörden: Ersetzung der Schrift- durch eine Textform, um Rechtsgeschäfte künftig ohne Medienbrüche digital abzuwickeln; Dies gilt mit einzelnen Ausnahmen nun auch für Arbeitsverträge

  • Schaffung einer Möglichkeit für Steuerbehörden, Steuerbescheide und andere Steuerverwaltungsakte digital zum Abruf bereitzustellen, womit eine Übermittlung in Papierform in vielen Fällen vermieden werden könnte.

  • Einrichtung einer zentralen Vollmachtsdatenbank der Steuerberaterinnen und Steuerberater für Vollmachten im Bereich der sozialen Sicherung (Generalvollmachten)

  • Abschaffung der Hotelmeldepflicht für deutsche Staatsangehörige mit dem Ziel einer Entlastung der Beherbergungswirtschaft und der betroffenen Übernachtungsgäste

Sinnvolle Ansätze, jedoch zu zaghaft

Aus Sicht des MITTELSTANDSVERBUNDES sind alle diese Maßnahmen im Grundsatz sinnvoll und können in einem gewissen Umfang entlastend wirken. Allerdings greifen sie zu kurz: So fällt etwa die Verkürzung der Aufbewahrungsfristen von zehn auf acht Jahre zu gering aus. Um tatsächlich einen spürbaren Effekt zu erzielen, hätte die Aufbewahrungsfrist einheitlich auf fünf Jahre verkürzt werden sollen. Zudem werden die Unternehmen die Unterlagen in vielen Fällen vermutlich auch künftig länger aufbewahren, da die strafrechtlichen Verjährungsfristen für Steuerhinterziehung nicht verkürzt werden.

Auch an anderer Stelle bleibt viel Potenzial ungenutzt: So wurden von den zahlreichen Entlastungsvorschlägen, die DER MITTELSTANDSVERBUND und viele andere Verbände Anfang 2023 im Rahmen der Verbändeabfrage des BMJ eingebracht hatten, nur sehr wenige für das BEG IV berücksichtigt. In dieser Hinsicht bleibt die zwischenzeitlich geradezu vorbildliche Einbindung der wichtigen Perspektive der Unternehmen im Ergebnis weitgehend ohne Effekt.

Auch in Hinblick auf die Effizienz der Gesetzgebung und den Fortschritt beim Bürokratieabbau sind Zweifel angebracht: Gesetzgebungsverfahren, bei denen alle Beteiligten eigentlich das gleiche Ziel einer Entlastung der Unternehmen sowie Bürgerinnen und Bürger verfolgen, dürfen nicht so viel Zeit und Ressourcen kosten. Gerade in einer wirtschaftlich sehr angespannten Lage mit wachsender gesellschaftlicher Unzufriedenheit sind derartige Verzögerungen – nicht zuletzt durch Konflikte innerhalb der Bundesregierung – ein äußerst unglückliches Signal. DER MITTELSTANDSVERBUND und seine Mitglieder erwarten deshalb mehr Tempo und höhere Ambitionen beim Bürokratieabbau.

Bürokratieabbau verstetigen und ganzheitlich umsetzen

Das BEG IV ist somit zwar ein sinnvoller Schritt in die richtige Richtung, aber bei weitem kein großer Wurf. Es braucht daher unbedingt, wie die Bundesregierung selbst in ihrer Wachstumsinitiative erkannt hat, jährlich weitere Bürokratieentlastungsgesetze und Praxis-Checks zur Identifizierung bürokratischer Hürden in unterschiedlichen Wirtschaftsbereichen.

Wie jedoch der Nationale Normenkontrollrat (NKR) in seinem am 1. Oktober veröffentlichten Jahresbericht 2024 feststellt, ist der von der Bundesregierung angekündigte Abbaupfad mit einer finanziellen Entlastungswirkung in Höhe von 1 Mrd. Euro pro Jahr ebenfalls zu wenig ambitioniert. Der NKR empfiehlt hier eine Verringerung der Bürokratiekosten um 25 % in den kommenden vier Jahren.

NKR und MITTELSTANDSVERBUND sind sich darin einig, dass hierfür vor allem eine Vereinfachung und Digitalisierung von Verwaltungsprozessen auf ganzer Linie erforderlich wäre. Dies muss auch mit einer Straffung und Konsolidierung von Behördenstrukturen einhergehen, welche Bund und Länder bisher leider weitgehend vermieden haben.

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Marius Müller-Böge | Leiter Mittelstandspolitik | DER MITTELSTANDSVERBUND
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