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Regierungsentwurf zum Bürokratieentlastungsgesetz IV beschlossen: Geringes Entlastungsvolumen lässt den Mittelstand im Stich

Nach dem Referentenentwurf von Mitte Januar hat das Bundeskabinett nun einen Regierungsentwurf für das seit langem geplante Bürokratieentlastungsgesetz IV beschlossen. Auch wenn einzelne weitere Maßnahmen integriert wurden, bleibt der Gesamteindruck enttäuschend: Zwar finden sich im Gesetzentwurf sinnvolle Ansätze, deren Entlastungswirkung dürfte für die Unternehmen jedoch gering ausfallen. DER MITTELSTANDSVERBUND bedauert wie schon in seiner Stellungnahme, dass die Bundesregierung die zahlreichen konkreten Vorschläge zum Bürokratieabbau aus der Wirtschaft fatalerweise nicht aufgegriffen hat.

Berlin, 14.03.2024 – Am 13. März 2024 hat das Bundeskabinett den Regierungsentwurf des sogenannten vierten Bürokratieentlastungsgesetzes (BEG IV) beschlossen, das zahlreiche Entlastungsmaßnahmen in unterschiedlichen Bereichen zusammenfassen soll. Dieser Gesetzentwurf beruht auf dem am 11. Januar vom Bundesministerium der Justiz (BMJ) veröffentlichten Referentenentwurf, geht jedoch in manchen Punkten darüber hinaus.

Das BEG IV war ursprünglich schon im Januar 2022 angekündigt worden und soll in der Nachfolge dreier ähnlicher Sammelgesetze vorangegangener Bundesregierungen stehen. Das BMJ hatte nach Konflikten innerhalb der Bundesregierung hierfür die Federführung übernommen, wobei alle Inhalte grundsätzlich zwischen den verschiedenen Bundesministerien abgestimmt sind.

In den vergangenen Monaten wurden manche Maßnahmen mit Bezug zum Bürokratieabbau jedoch in andere Gesetze überführt oder sollen auf anderem Wege umgesetzt werden. Dies gilt etwa für die sinnvolle Anhebung der Schwellenwerte für Unternehmensgrößenklassen im Handelsbilanzrecht, welche die Bundesregierung im Januar in einem separaten Gesetzentwurf beschlossen hat.

Vorschläge der Verbände bleiben weitestgehend unberücksichtigt

Noch vor Beginn des eigentlichen Gesetzgebungsverfahrens hatte das BMJ im Februar 2023 eine großangelegte Verbändeabfrage durchgeführt, im Rahmen derer die Wirtschaftsverbände zur Zulieferung konkreter Vorschläge für Entlastungsmaßnahmen aufgerufen waren. DER MITTELSTANDSVERBUND hatte sich daran intensiv beteiligt. Die gesammelten Vorschläge wurden daraufhin ausgewertet und mit Blick auf ihre Umsetzungschancen evaluiert – dies dokumentiert ein Monitoring-Bericht von Oktober bzw. Dezember 2023. Diese Vorschläge der Verbände sollten – neben den bereits im August 2023 vom BMJ veröffentlichten Eckpunkten zum BEG IV – eigentlich in das Gesetzgebungsverfahren einfließen.

Wie schon der Referentenentwurf lässt dies jedoch auch der Regierungsentwurf zum BEG IV deutlich vermissen: Über die bisherigen Maßnahmen hinaus wurden nur einzelne Vorhaben zusätzlich aufgenommen, die insgesamt kaum ins Gewicht fallen. Zu den wichtigsten Bestandteilen des Regierungsentwurfs gehören:

  • Verkürzung der Fristen für die Aufbewahrung von Buchungsbelegen im Steuer- sowie Handelsrecht (§ 147 AO bzw. § 257 HGB) von 10 auf 8 Jahre.
  • Umwandlung der bisher in zahlreichen Gesetzen genannten Schriftformerfordernisse in Textformerfordernisse. Somit wären auch eigenhändige Unterschriften in diesen Fällen nicht mehr erforderlich, da die Textform rein digital erfüllt werden kann.
  • Schaffung einer Möglichkeit zur Verkürzung der Äußerungsfrist im Rahmen der Umweltverträglichkeitsprüfung (§ 22 UVPG), wenn sich nachträgliche Änderungen im Laufe des Verfahrens ergeben. In diesen Fällen soll sich eine erneute Beteiligung der Öffentlichkeit ebenfalls nur auf die Änderungen beschränken.
  • Abschaffung der Meldepflicht bei Hotel- bzw. sonstigen touristischen Übernachtungen deutscher Staatsbürgerinnen und Staatsbürger (§ 29 BMG). Damit entfällt für diese Reisenden das Ausfüllen eines Meldescheins.
  • Schaffung einer rein digitalen Auslesemöglichkeit von Reisepässen sowie weitere Digitalisierung des Abfertigungsprozesses in Flughäfen (§ 18a PassG).
  • Ermöglichung eines Nachweisersatzes in elektronischer Form Im Nachweisgesetz (NachwG) im Hinblick auf die Erbringung des Nachweises der wesentlichen Vertragsbedingungen durch in elektronischer Form (§ 126a BGB) geschlossene Arbeits- und Änderungsverträge.
  • Einrichtung einer zentralen Vollmachtsdatenbank der Steuerberaterinnen und Steuerberater für Vollmachten im Bereich der sozialen Sicherung.

Die Bundesregierung rechtfertigt den begrenzten Umfang des BEG IV damit, dass viele geeignete Maßnahmen zum Abbau von Bürokratie aus Gründen der Rechtsförmlichkeit nicht im Rahmen eines Sammelgesetzes auf Bundesebene umgesetzt werden könnten – da sie entweder Landesrecht betreffen, in andere Gesetzgebungsverfahren einfließen oder stattdessen auf untergesetzlichem Wege umgesetzt werden könnten.

Tatsächlich hat die Bundesregierung angekündigt, dass parallel zum Gesetzgebungsverfahren auch eine Sammelverordnung auf den Weg gebracht werden soll, die weitere Entlastungsmaßnahmen bündelt. Dessen Entlastungsvolumen für die Wirtschaft lässt sich noch nicht verlässlich abschätzen. Demgegenüber soll das BEG IV die Unternehmen um jährlich 944 Mio. Euro entlasten – was zwar eine Steigerung gegenüber dem Volumen des Referentenentwurfs darstellt, aber immer noch sehr moderat ist und sich zudem nicht auf alle Unternehmen gleichermaßen auswirken wird.

Richtige Ansätze, Entlastungspotenzial dennoch enttäuschend

So notwendig gerade jetzt wirksamer Bürokratieabbau – selbst aus Sicht der Bundesregierung – ist, so wenig kann der Regierungsentwurf des BEG IV insgesamt überzeugen. Aus Sicht des MITTELSTANDSVERBUNDES sind vor allem zwei Dinge bedauerlich:

  • Die Bundesregierung hat den Umfang des BEG IV zum einen seit Veröffentlichung der ersten Eckpunkte im vergangenen Jahr kaum erweitert. Damit bleibt das Entlastungspotenzial des Gesetzes viel zu begrenzt.
  • Zum anderen wurden die zahlreichen für eine Umsetzung geeigneten Entlastungsvorschläge aus der oben genannten Verbändeabfrage kaum berücksichtigt. Dies ist in den allermeisten Fällen weder inhaltlich nachvollziehbar noch akzeptabel. Die Stellungnahme des MITTELSTANDSVERBUNDES zum Referentenentwurf im Rahmen der Verbändebeteiligung hatte dies schon deutlich kritisiert. Die Bundesregierung hat sich diese Kritik bedauerlicherweise nicht zu Herzen genommen und an den entscheidenden Stellen nicht nachgelegt.

Auch ist die Umsetzung der sinnvollen im Referentenentwurf enthaltenen Maßnahmen deutlich zu zaghaft. So hat sich DER MITTELSTANDSVERBUND schon in der Vergangenheit für eine handels- und steuerrechtliche Aufbewahrungsfrist von 5 Jahren – statt der jetzt vorgesehenen 8 Jahre – ausgesprochen. Auch muss über Buchungsbelege hinaus ebenfalls die Aufbewahrungsfrist für weitere Unterlagen endlich verkürzt werden, die ansonsten in vielen Fällen weiterhin 10 Jahre betragen würde.

Andere Unzulänglichkeiten ergeben sich z.B. dahingehend, dass zwar in vielen Gesetzen Schriftformerfordernisse durch auch digital erfüllbare Textformerfordernisse ersetzt werden sollen, dies aber nicht wirklich konsequent erfolgt und bestimmte maschinenlesbare Formate unberücksichtigt bleiben.

Es bleibt zudem völlig unverständlich, warum die Bundesregierung nicht die günstige Gelegenheit nutzt, auch ihre eigenen aktuellen Vorschläge zum Bürokratieabbau in das BEG IV zu integrieren. So hatte jüngst das Bundesministerium für Arbeit und Soziales Vorschläge für Erleichterungen bei den Berichtspflichten im Rahmen des Lieferkettensorgfaltspflichtengesetzes gemacht, die nun aber nicht aufgegriffen wurden.

Somit bleibt fraglich, wie ernst es der Bundesregierung mit ihrem Gesetz in Hinblick auf wirksamen Bürokratieabbau ist. Es verwundert in diesem Zusammenhang sehr, dass die Bundesregierung selbst mögliche Ergänzungen im Zuge des parlamentarischen Verfahrens in Aussicht stellt, sich aber nicht in der Lage sah, diese im Vorfeld zu beschließen.

Dennoch ruft DER MITTELSTANDSVERBUND die Koalitionsfraktionen im Bundestag dringend dazu auf, das Entlastungsvolumen des Regierungsentwurfs im weiteren Gesetzgebungsverfahren spürbar zu erhöhen. Nur so könnte das BEG IV noch den notwendigen Entlastungsimpuls setzen, der für den Mittelstand aber auch für die gesamte deutsche Wirtschaft in der aktuellen Lage so entscheidend ist.

DER MITTELSTANDSVERBUND wird das weitere Gesetzgebungsverfahren aktiv begleiten und sich auch gegenüber dem Bundestag einbringen, um erforderliche Nachbesserungen im Gesetz anzumahnen. Die Einbringung des BEG IV in den Bundestag dürfte vermutlich im April 2024 erfolgen.

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Marius Müller-Böge | Leiter Mittelstandspolitik | DER MITTELSTANDSVERBUND
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