Homestory: Zwei Apotheken in Sachsen-Anhalt – ein Fall für den Klimaprofi
November 2021: Seit einem halben Jahr sind nun die 15 Klimaprofis des Klimaverbund Mittelstand in ganz Deutschland unterwegs, um ihre Anschlusshäuser auf dem Weg Richtung klimafreundlichem und nachhaltigem Wirtschaften zu unterstützen. In unserer Homestory Nr. 2 begleiten wir den Klimaprofi der NOWEDA Apothekergenossenschaft, Dirk Zimmermann, bei seinem Besuch von gleich zwei Apotheken in Sachsen-Anhalt. Gelegenheit zu einem Direktvergleich: Eine der Apotheken konnte ihren Stromverbrauch bereits halbieren. Doch jetzt würde Apotheker Martin Wolff gern aufs Ganze gehen.
Altenweddingen, 18.11.2021 – In der Reihe „Homestorys“ stellen wir ausgewählte Betriebe vor, die das Angebot einer Klimaprofi-Beratung angenommen haben und berichten von ihren Erfahrungen. Einige Unternehmen haben bereits Pionierarbeit geleistet, andere stehen noch am Anfang. Das Projekt Klimaverbund wird gefördert von der Nationalen Klimaschutzinitiative (NKI) des Bundesumweltministeriums (BMU).
Es ist ein grauer Herbsttag, als für Dirk Zimmermann, Klimaprofi der NOWEDA Apothekergenossenschaft, die Beratung von gleich zwei Apotheken auf dem Plan steht. Erste Station ist Altenweddingen, ein Zweitausend-Seelen-Dorf in Sachsen-Anhalt. Die Löwen-Apotheke liegt direkt an der Ortsdurchfahrt und ist nicht zu verfehlen: Schon von der Straße aus fällt der schöne, frisch sanierte Altbau auf. Der Inhaber, Apotheker Martin Wolff, nimmt „seinen“ Klimaprofi erfreut in Empfang.
Warum Apotheker Wolff sich von einem Klimaprofi beraten lässt? „Wir hatten in der letzten Zeit viel Gelegenheit, schlauen Leuten dabei zuzuhören, wie es um unseren Planeten steht.“ Was die Klimawende betrifft, so ist er überzeugt: Jeder einzelne kann etwas tun. „Es geht nicht darum, immer nur auf die Großen zu zeigen und zu warten. Wir müssen uns an die eigene Nase fassen. Auch im Kleinen kann viel erreicht werden.“ Apotheker Wolff sagt, dass er der jungen Klimabewegung dankbar dafür ist, dass sie alle aufgeweckt haben. „Jetzt müssen wir handeln, sonst war alles Gerede für die Katz“, fasst es Herr Wolff schlicht zusammen. Um alle Maßnahmen und Möglichkeiten auszuschöpfen, hat er sich jetzt für die Beratung im Projekt „Klimaverbund“ entschieden.
"Es geht nicht darum, immer nur auf die Großen zu zeigen."
Klimaprofi Zimmermann geht gemeinsam mit Apotheker Wolff den Beratungsfragebogen durch, den Herr Wolff bereits vorab ausgefüllt hat. Hier sind alle Daten übersichtlich beisammen: Grundfläche der Apotheke, Verbräuche für Strom und Erdgas, Infos zum Fuhrpark und Abfallmengen. So lässt sich der Ist-Zustand analysieren und Maßnahmen zur Optimierung aufspüren. Bis zum Ende der Projektlaufzeit, im April 2023, wird das eingesparte CO2 aller teilnehmenden Apotheken in der Klimaverbund-Datenbank erfasst. Das geinsame Projekt-Ziel ist ehrgeizig: 50.000 Tonnen CO2 sollen eingespart werden. Nicht nur Apotheken sind dabei. 15 Klimaprofis aus unter- schiedlichsten Branchen wollen rund 1.000 mittelständische Betriebe dabei unterstützen, sich den Herausforderungen der Zukunft aktiv zu stellen. Mit dabei sind unter anderem Bäckereien, Dachdeckerbetriebe, Elektronikfachmärkte, Autoreifenhändler und der Lebensmitteleinzelhandel.
Das Besondere in Dirk Zimmermanns heutigem „Beratungs-Fall“: Familie Wolff besitzt zwei Apotheken, die Löwen-Apotheke und die Linden-Apotheke. Die Löwen-Apotheke wird von Martin Wolff geführt, die Linden-Apotheke von seiner Ehefrau, der Apothekerin Steffi Wolff. Beide Apotheken verfügen über eine ähnliche Fläche, jeweils gut 200 Quadratmeter. Entscheidender Unterschied: Die Löwen-Apotheke residiert im traditionsträchtigen Altbau aus dem Jahr 1842. Für die Linden-Apotheke wurde im benachbarten Ortsteil Langenweddingen im Jahr 1997 neu gebaut.
Altbau vs. Neubau – Wer steht besser da?
Für Klimaprofi Dirk Zimmermann ist es natürlich interessant, beide Standorte direkt miteinander vergleichen zu können. Weil sich beide Häuser im Eigentum von Familie Wolff befinden, hat die Apothekerfamilie einen größeren Handlungsspielraum als beispielsweise in einem Mietobjekt. In beide Standorte wurde in den vergangenen Jahren viel investiert. Der Altbau verfügt jetzt über doppeltverglaste Fenster und einen neuen Innenausbau, der Neubau bekam im Jahr 2008 im Zuge einer Erweiterung eine 3 Zentimeter dickere Gebäudehülle verpasst.
Die Wärmebildkamera des Klimaprofis zeigt: Die Fenster des Altbaus sind dicht. Auch was die Beleuchtung betrifft, lässt sich der Effekt in der Wärmebildkamera ablesen. Apotheker Wolff bestätigt: Im Verlauf der letzten Jahre hat er bereits die gesamte Beleuchtung auf LED umgestellt. Bei Apotheken hat diese Maßnahme gleich einen doppelten Einspareffekt: Weil Medikamente nicht über 25°C gelagert werden dürfen, müssen bei LED- Beleuchtung die Klimaanlagen nicht gegen übermäßige Wärmeentwicklung ankämpfen, wie sie etwa bei alter Halogenbeleuchtung entsteht.
Dass man nicht nur CO2, sondern auch bares Geld sparen kann – allein mit Austausch der Beleuchtung und kleinen Verhaltensänderungen – zeigt der Einspar-Erfolg in der Linden-Apotheke. „In den vergangenen 15 Jahren konnten wir den Stromverbrauch in der Linden-Apotheke Schritt für Schritt halbieren. 2006/2007 haben wir noch rund 16.000 Kilowattstunden jährlich verbraucht, im Jahr 2020/2021 nur noch 7.300 Kilowattstunden", so Apotheker Martin Wolff. Eine spürbare Kostenreduktion. Dazu wurde in beiden Apotheken schon vor Jahren auf Ökostrom umgestellt. "Die Initiative kam damals von einer unserer Pharmazeutisch-technischen Assistentinnen. Sie hat Preise verglichen und einen Wechsel angeregt." Wer so engagierte Angestellte hat, kann sich offenbar glücklich schätzen. Wer einen Chef hat, der solche Anregungen sofort umsetzt, sicherlich auch.
Stromverbrauch halbieren, ohne dass es wehtut
Wer sich gemeinsam mit seinen Mitarbeitern auf die Suche nach seinen „Stromfressern“ machen will, für den hat Klimaprofi Zimmermann drei Soforthilfen im Gepäck: ein Strommessgerät, ein Kühlschankthermometer und eine Zeitschaltuhr. Falls ein Gerät in Verdacht steht, übermäßigen Stromhunger zu haben, so kann das Strommessgerät einfach zwischengeschaltet werden und der Verbrauch lässt sich genau beziffern. Apotheker Wolff experimentiert schon länger auf diese Weise, beispielsweise mit früherem Ausschalten seiner Außenbeleuchtung. Die Zeitschaltuhr eignet sich beispielsweise für alle Geräte, die im Stand-by die gesamte Nacht über Strom ziehen, wie etwa beim Kaffeevollautomaten. Pünktlich um 9:00 Uhr zum ersten gemeinsamen Morgenkaffee ist das Wasser warm.
Ein großes Thema bei der Begehung mit dem Klimaprofi ist immer die Kühlung. „Jedes Grad weniger im Kühlschrank spart 6 Prozent Strom“, so Klimaprofi Zimmermann. Das Kühlschrankthermometer ist allerdings eher etwas für die Team-Küche, denn bei der Lagerung von Medikamenten mit Kühlpflicht gibt es keine Diskussion. Da dürfen die gesetzlich vorgeschriebenen 8°C nicht überschritten werden. Es gibt allerdings einen Effekt, der immer unterschätzt wird: „Ein halbvoller Kühlschrank verbraucht mehr Strom als ein voller“, merkt der Klimaprofi an. Herr Wolff nickt wissend und erklärt sein ausgeklügeltes „2-Kühlschränke-System“. Er öffnet die Kühlschranktüren, zurzeit sind beide voll. Allerdings nutzt er sie variabel: Sind weniger kühlpflichtige Medikamente vorrätig und passen sie allesamt in einen Kühlschrank, wird der andere leergeräumt und ausgeschaltet.
Allein mit diesen kleinen Verhaltensänderungen und der Umstellung auf LED konnte Familie Wolff den Stromverbrauch in der Linden-Apotheke halbieren. Und das, obwohl die Kühlschränke in der Linden-Apotheke etwas älter sind als die in der Löwen-Apotheke. Klimaprofi Zimmermann wittert hier gleich einen Einsatzort für das neue Strommessgerät. Er ist gespannt auf einen Direktvergleich der insgesamt 4 Kühlschränke.
Entscheidend ist die intelligente Kombination der Technologien
Apropos Direktvergleich: Der Klimaprofi spricht das Thema Heizwärme an. Wie kommt es, dass im Altbau der Löwen-Apotheke doppelt so viel Erdgas zum Heizen verbraucht wird wie im Neubau der Linden-Apotheke? Der Verdacht, dass der Neubau einfach nur besser isoliert ist, greift zu kurz, vermutet Dirk Zimmermann. Denn der Altbau mit seinen dicken Ziegelwänden und der neuen Doppelverglasung stehe vermutlich gar nicht mal so schlecht da. Und tatsächlich gibt es einen anderen entscheidenden Unterschied: Beim Neubau von 1997 hat Familie Wolff von Anfang an auf neue Technologien gesetzt. So hatten sie sich zum Beispiel für eine Heizung mit Brennwerttechnik entschieden. Bei einer Gasbrennwerttherme wird, anders als bei einer herkömmlichen Anlage, die ca. 400 Grad heiße Abluft nicht zum Kamin hinausgeblasen, sondern wieder in den Kreislauf zurückgeführt, sodass die Abwärme genutzt werden kann. Zusätzlich hat Familie Wolff im Jahr 2008 eine Solarthermieanlage installieren lassen, mit der die Warmwassererzeugung unterstützt wird. Über Kollektoren auf dem Dach wird das Wasser durch die Sonne erwärmt und in einem Warmwasserspeicher bevorratet. So eine Solarthermianlage wird zurzeit von der BAFA mit 30 Prozent gefördert. Dirk Zimmermann schätzt, dass sich mit der Kombination von Brennwerttechnik und Solarthermie eine Reduktion von bis zu 60-70 Prozent des Gasverbrauchs erzielen lässt.
Heizen ohne Gas und Öl – mit bis zu 45 Prozent staatlicher Förderung
Fazit: Was den Unterschied macht, ist die Kombination von wirkungsvollen Maßnahmen. Das spart Geld und CO2. Die neue Technik rentiert sich, und das in der Linden-Apotheke nun schon seit vielen Jahren. Der nächste Schritt wäre, sich komplett unabhängig vom Gas zu machen. Dirk Zimmermann informiert Apotheker Wolff über die aktuellen Fördermöglichkeiten. Zurzeit wird die Installation einer Wärmepumpe (die Heizwärme ohne Gas produziert, sondern mittels Umgebungswärme, Kältemittel und Strom) durch die BAFA mit einer Fördersumme von 35 Prozent unterstützt. Wird mit dieser Maßnahme eine alte Ölheizung ausgetauscht, erhöht sich die Fördersumme nochmals um 10 Prozent.
Bei einer Beratung im Klimaverbund geht es aber nicht nur um Kosten- und CO2 -Reduktion, sondern auch um einen nachhaltigen Umgang mit Ressourcen. So stehen etwa Verpackungsaufwand und Papierverbrauch im Fokus. Was Papierverschwendung betrifft, so fasst sich bei einem Thema nicht nur die Belegschaft von Apotheken an den Kopf: Jeden Abend muss eine große Kiste Bons in den Schredder, um dort entsprechend den Datenschutzbestimmungen vernichtet zu werden. Denn schätzungsweise 90 Prozent der Kundinnen und Kunden winken ab bei der Frage, ob sie den Bon mitnehmen wollen. Dennoch muss er gezogen werden. Dabei ist die Apotheke von Familie Wolff technisch auf dem neuesten Stand, alle Bons sind digital dokumentiert. Allgemeines Achselzucken und selbst der Klimaprofi muss passen. Aber statt nur zu warten und Kamillentee zu trinken, fließen solche Erkenntnisse zurück an den MITTELSTANDSVERBUND, der das Thema bei der Politik platziert und auf Nachbesserung durch den Gesetzgeber drängt.
Herausforderungen Verpackung und Komissionierung
Apropos Gesetzgeber: Nach dem neuen Verpackungsgesetz dürfen ab dem 1. Januar 2022 keine Plastiktüten mehr in Verkehr gebracht werden. Bis zum Ende des Jahres ist es noch erlaubt, Restbestände zu verbrauchen. Dirk Zimmermann hat einen Tipp für eine interessante Alternative: Ein schwäbisches Start-up stellt „regenfeste“ Papiertütchen aus Recyclingpapier her. Die Tüten lassen sich mit einem klammerlosen Tacker metallfrei verschließen und sind sogar in feuchtem Zustand reißfest. Die Kundschaft kann sie zuhause etwa als Biomülltüte weiterverwenden.
In der Löwen-Apotheke wurde 2017 groß investiert, nicht nur in den Innenausbau, sondern auch in eine Kommissionierautomatik. Für alle, die noch nie „Backstage“ in einer Apotheke waren: Die typischen Schubfächer, in der die Medikamente alphabetisch sortiert hervorgezogen werden, gehören vermutlich bald der Vergangenheit an. Ein Kommissionierautomat hat den Vorteil, dass auf geringster Grundfläche alle Medikamente platzsparend eingelagert werden können. Anstatt dass eine PKA morgens die ersten Stunden damit verbringen muss, die gelieferten Medikamente alphabetisch einzusortieren, kann die Lieferkiste einfach über einem Schacht ausgeleert werden. Die Schachteln werden automatisch eingescannt, vermessen und ein Greifarm legt sie in eine geeignete Regalstelle. Im Verkaufsraum kann die PKA das Rezept des Kunden einscannen, der Greifarm sucht sich die Schachtel mit dem als nächstes ablaufenden Haltbarkeitsdatum und das Medikament wird zum „Ausgang“ transportiert. So hat das Personal mehr Zeit für das, was der unschlagbare Vorteil im Vergleich zur Online- Apotheke ist: das persönliche Beratungsgespräch.
Bloß: Alles was automatisch läuft, braucht natürlich Strom. Und was die Energieeffizienz der Kommissionierautomaten angeht, ist vermutlich bei allen gängigen Herstellern noch Luft nach oben. Man ist sich der Herausforderung jedoch bewusst und arbeitet daran. Im Gespräch mit Klimaprofi Zimmermann hat ein namhafter Hersteller ein
Potential bereits klar benannt: Die Fördertechnik vom Automaten zum Kassenbereich hätte oftmals die Kraft, einen kleinen Elefanten zu transportieren. Für eine wenige Gramm leichte Medikamentenschachtel wäre weitaus weniger Kraft nötig. „Jeder Elektromotor unter Last produziert Wärme“, so Dirk Zimmermann. Und weil bei der Lagerung von Medikamenten Wärme unerwünscht ist, muss eine Klimaanlage dagegen ankühlen. Anbieter konkurrieren zunehmend darin, diese Prozesse zu optimieren und die Energieeffizienz zu erhöhen.
Klimaprofi Zimmermann kommt auf die Möglichkeit der „eigene Ernte“ zurück. Er rät, die Kommissionierautomatik mit selbst produziertem Strom zu versorgen. Apotheker Wolff ist ganz Ohr: Die Dächer der Löwen-Apotheke zum Beispiel hätten die optimalen Voraussetzungen. Die Flächen sind über Ost-Süd-West ausgerichtet, sodass über den gesamten Sonnenverlauf des Tages ein stabiler Ertrag erzielt werden könnte. Im Falle einer Apotheke sieht Klimaprofi Zimmermann einen entscheidenden Vorteil: Anders als in einem Privathaus gibt es in einer Apotheke über den Tag einen konstanten Strombedarf. Das, was selbst erzeugt wird, wird sofort selbst verbraucht, von Klimaanlagen, Kommissionierung, Beleuchtung, Kühlung.
"Efficieny first." Und der zweite Schritt: Den eigenen Strombedarf selbst produzieren
Dazu haben lokale Stromanbieter für Betreiber von PV-Anlagen oft interessante Angebote auf Lager, erwähnt Dirk Zimmermann. Er denkt dabei weniger an die Einspeisung von überschüssigem Storm ins Netz, denn diese Vergütungen seien finanziell oft nicht besonders attraktiv. Vielmehr geht es um die Idee der „Schwarmspeicher“. Der Deal: Stellt man einen Teil seines Batteriespeichers der eigenen PV-Anlage dem Netzbetreiber zur Verfügung, revanchiert der sich mit zusätzlichem kostenlosem Strom, wenn die Sonne mal nicht scheint. Ziel ist dabei die Netzstabilität. Wird beispielsweise durch die Erneuerbaren zu viel Strom eingespeist, kann es zu unerwünschten Schwankungen kommen. Doch es braucht eine konstante Frequenz von ca. 50 Hertz. Die Lösung: Schwarmspeicher als Puffer. Durch diese Pufferlösungen werden lange Wege für den Stromtransport vermieden und das Netz dezentralisiert. Apotheker Wolff hält die Energiewende für eine Gemeinschaftsaufgabe. Dazu möchte er gerne seinen Beitrag leisten. Er wird sich demnächst bei möglichen Anbietern nach entsprechenden Möglichkeiten informieren.
Stichwort Netzwerken: Wer von den Erfahrungen seiner Mitstreiter profitieren kann, ist klar im Vorteil. Klimaprofi Zimmermann kann für Herrn Wolff den Kontakt zu einem Apotheker ganz in seiner Nähe herstellen. Der versorgt seine Apotheke, inklusive seines Fuhrparks, bereits mit eigenem Solarstrom. Grober Erfahrungswert: Rund drei Viertel seines Energiebedarfs deckt er mit eigenem Strom, nur circa ein Viertel muss er zukaufen.
Sich unabhängig machen vom Strom- und Spritpreis
Sich mit der eigenen PV-Anlage nicht nur unabhängig vom Strompreis machen, sondern auch vom Spritpreis – „das wäre natürlich optimal“, findet Apotheker Wolff. Der Aktionsradius seiner Lieferwege beschränkt sich auf 80 bis 100 Kilometer. Reichweite sei da kein Thema. Er selbst komme übrigens jeden Tag mit dem Fahrrad zur Arbeit, das sind täglich 10 Kilometer. Klimaprofi Zimmermann erwähnt, dass es auch Fördergelder für Transportfahrräder gibt. Bei dicht besiedeltem Gebiet mit hohem Verkehrsaufkommen sicherlich eine zeitsparende Alternative. Doch Herr Wolff findet in seiner Region E-Fahrzeuge geeigneter. Sonne tanken, kostenfrei von der „eigenen Ernte“ vom Dach. „Das wäre der Hammer“, so Wolff. Doch was lässt den sonst so investierfreudigen Apotheker zögern?
Vor gerade erst drei Jahren hat er sich zwei neue Benziner angeschafft, nicht geleast, sondern gekauft. Sein Kritikpunkt bei der E-Mobilität ist die Batterieherstellung und der Abbau der dafür benötigten Rohstoffe unter undurchsichtigen Bedingungen. Klimaprofi Zimmermann kennt diese Bedenken und weist darauf hin, dass sich die Ent- wicklungen im Bereich Batterieherstellung zurzeit extrem beschleunigen. Zum einen würden die Batterien immer kleiner und kompakter, mit geringerem Einsatz kann eine höhere Speicherdichte erreicht werden kann. Lithium wird vor allem in Australien, China und Chile gefördert, sicherlich unter unterschiedlichen Bedingungen. Dirk Zimmermann berichtet, dass auch am Oberrhein vor kurzem ergiebige Quellen von Lithiumvorkommen entdeckt wurden, als Nebenprodukt von Geothermianlagen. Das Karlsruher Institut für Technologie hat sich ein Verfahren patentieren lassen, bei dem aus dem warmen Wasser, das aus einem Tiefwasserreservoir für die Produktion von Strom und Fernwärme gefördert wird, die wertvollen Mineralien extrahiert werden können. In dem Fall entfielen auch die langen Transportwege. Rasend schnell voran gehen auch die Entwicklungen im Bereich Batterierecycling. Kürzlich ging eine Erfolgsmeldung durch die Presse, dass es einem Autohersteller gelungen ist, 98 Prozent der seltenen Erden aus einem E-Motor zu recyceln (siehe Klimaverbund Newsletter vom 21.10.20211).
Neue Entwicklungen bei der Batterieherstellung
Apotheker Wolff wird diese Entwicklungen sicherlich genau verfolgen. Und wenn der Tag kommt, an dem er seine Flotte umrüstet, um sie mit der kostenfreien Energie vom Dach zu betanken, wird er sicherlich vergleichen. Nicht nur, was Preis und Reichweite betrifft, sondern auch die CO2 -Bilanz der Vorkette und die Herkunft der seltenen Erden. Denn auch das wird seine Entscheidung mit beeinflussen, welche Fahrzeuge letztlich angeschafft werden.
Wer sich unabhängig macht von steigenden Strom- und Spritpreisen wird sicherlich auch in Zukunft gut dastehen. Doch bislang werden in Deutschland nur 11 Prozent aller geeigneten Dachflächen für Fotovoltaik genutzt. Zeit, dass sich das ändert, findet Apotheker Wolff. Er ist optimistisch, dass die zukünftige Regierung attraktive Anreize setzt, die ihn den letzten Schubs geben werden, zur Tat zu schreiten. Und jetzt muss sich Herr Wolff leider verabschieden, um das zu machen, was er am liebsten macht: Für die Kunden und Kundinnen in den Apotheken da sein, in Altenweddingen und in Langenweddingen.
Klimaprofi Dirk Zimmermann wird mit Apotheker Martin Wolff in regelmäßigen Abständen Kontakt halten, so wie mit all den anderen Apothekerinnen und Apothekern, die über die NOWEDA Apothekergenossenschaft Teil des Projekts Klimaverbund geworden sind – oder es vielleicht noch werden. Der Klimaprofi wird jede einzelne Maßnahme, die im Rahmen des Projekts umgesetzt wird, dokumentieren. Getreu dem Motto „Efficiency First“ ist die sauberste Kilowattstunde, die gar nicht erst erzeugt werden muss. Am Ende zählt jeder eingesparte Euro und jede eingesparte Tonne CO2. Denn wie Apotheker Martin Wolff schon feststellte: Die Klimawende ist eine Gemeinschaftsaufgabe. Und jede einzelne Maßnahme ist ein Invest in die Zukunft.